Oberndorf an der Melk

Gestern habe ich ja was recherchiert zum ORF-Artikel über die „Klima-Ängste“, in dem zuerst stand, dass es in Österreich „Tropennächte über 30 Grad“ geben wird/kann. Ich war nicht der einzige, der dazu etwas gepostet hat und auch ohne mein aktives Zutun drang das ganze bis zum ORF nach Wien vor und der Artikel wurde geändert.

Zuerst stand da nach der Überschrift
„ANGST OHNMACHT, HOFFNUNG – Wenn die Klimakrise ins Bewusstsein drängt“
folgendes zu lesen:
„Von Bränden in Urlaubsregionen bis hin zu Tropennächten jenseits der 30-Grad-Marke in Österreich…“

Das wurde dann „überarbeitet“ und nun steht dort zu lesen:

„Von Bränden in Urlaubsregionen bis zu außergewöhnlichen 36,1 Grad, die in einer Juni-Nacht im österreichischen Oberndorf an der Melk gemessen wurden…“

Das hat meine Neugier geweckt und ich habe zuerst den Ort gegoogelt und dann die entsprechenden Messdaten des Ortes abgerufen bei der ZAMG.

Maxima und Minima

So sieht das Ganze aus, seit es Daten aus Oberndorf gibt, das auf 295 m Seehöhe liegt:

15 Mal gab es in Oberndorf bereits Tage mit mehr als 36 Grad. Das erste Mal seit 1977 (davor gibt es keine Daten) war das 1983 Ende Juli der Fall. Zweimal gab es 1992, 2013 und 2017 Tage mit mehr als 36 Grad Celsius. Das absolute Rekordjahr war jedoch 2015, als es FÜNF Mal zu solchen Werten reichte. Nur in diesem Jahr erreichte die Temperatur dort auch zweimal mehr als 37 Grad.

Es gab dort seit 1977, wenn ich keine übersehen habe, bisher 13 Tropennächte, drei davon im Jahr 2015 und zwei im Jahr 2017. Die wärmste Nacht (nach den Minimaltemperaturen gemessen!) war die vom 5. August 2017 mit einer Minimaltemperatur von 22,5 Grad.

Die „heißeste Nacht“

Einer der oben erwähnten sehr heißen Tage mit mehr als 36 Grad war der 22. Juni 2023. Das ist der Tag, über den auch beim ORF berichtet worden ist – und zwar hier. Laut dem Artikel war diese Maximaltemperatur also zwischen 23 und 24 Uhr erreicht worden bei Föhn.

Was im Artikel nicht erwähnt wird: Die Minimaltemperatur für Oberndorf lag am 22.6. bei 17,1 und am 23.6. bei 17,5 Grad. Und „Tropennacht“ gab es in Oberndorf den ganzen Sommer 2023 noch keine (siehe dazu aber auch das Fazit!). Am wärmsten war die Nacht am 12. Juli, wo es knapp unter 20 Grad hatte mit 19,8 Grad.

Was ich aus den verfügbaren Daten der ZAMG noch ablesen kann von diesen zwei Tagen im Juni:

  • Das Maximum in Sachen Wind wurde am 22. Juni um 21:45 erreicht und betrug 14,9 m/s – das sind 53,6 km/h.
  • Am 23. gab es das Maximum in Sachen Wind um 1:13 in der Nacht (also in der beschriebenen „Hitzenacht“ mit 14,5 m/s, also etwa 52km/h.
  • Die mittlere Windgeschwindigkeit betrug am 22. Juni 2,1 m/s und am 23. 4,5 m/sec – das sind 7,5 km/h bzw. 16,2 km/h.
  • Gemessen wurden am 19 Uhr abends am 22. Juni 2 m/s (etwa 7 km/h) und um 7 Uhr morgens am 23. Juni 3 m/s (etwa 11 km/h).
  • Die Tagesdurchschnittstemperatur wird angegeben mit 24,5 und 26,8 Grad. Das Maximum lag am 22. (dabei werden die Werte von 19 Uhr des Vortages bis 19 Uhr angegeben) bei 31,8 Grad und am 23. Juni bei 36,1 Grad. Tags darauf (also ab 19 Uhr am 23. Juni erreichte die Quecksilbersäule nie mehr als 18,7 Grad.
  • Am 22., dem Tag, an dem es um Mitternacht so warm war, hatte es morgens um 7 Uhr schon 22,9 Grad, mittags um 14 Uhr dann schon 30,9 Grad und abends um 19 Uhr 28,3 Grad. Danach muss die Temperatur noch einmal um fast 8 Grad angestiegen sein durch den Föhn.
  • Am Tag danach hatte es um 7 Uhr 22,6 Grad (also wieder 13,5 Grad weniger), mittags um 14 Uhr nur mehr 20,8 grad und abends um 19 Uhr 17,9 Grad.
  • Die Windrichtung war um 14 und 19 Uhr am 22. Ost und am Morgen des 23. West – Am Abend des 23. wechselte sie dann auf Südwest.
  • Der Boden war bis um 19 Uhr am 23. „trocken“, danach „nass“.
  • Die „5 cm Lufttemperatur Minimum“ , also die minimale Temperatur am Boden, lag am 22 Juni bei 15,3 Grad, am 23. Juni bei 20,6 Grad – dabei wird immer der Wert in der NACHT genommen zwischen 19 und 7 Uhr.
  • Niederschlag gab es bis zum 23. Juni um 7 Uhr keinen, dann gab es von 7 bis 19 Uhr 4,1 mm Regen.
  • Interessant ist auch die Luftfeuchtigkeit: Um 7 Uhr am 23. Juni betrug die relative Luftfeuchtigkeit 73%, sank dann auf 50% um 14 Uhr und stieg abends bis um 19 Uhr wieder auf 64%. Morgens am 23. Juni um 7 Uhr betrug sie 61%, mittags dann 63% und abends 80%.
  • Die Sichtweite betrug immer zwischen 20 und 40 Kilometer an beiden Tagen.
  • Die Sonnenscheindauer betrug am 22. Juni 11,2 Stunden und am 23. Juni nur mehr 4,3 Stunden.
  • Diese Daten sind als „manuell endgeprüft“ eingetragen in dieser Form bis zum 29, Juni 2023.

Fazit

Abends um 19 Uhr hatte es in Oberndorf am 22. Juni bei leichtem Wind aus Osten 28 Grad. Danach stieg die Temperatur mit Föhn um 8 Grad an auf 36,1 Grad. Bis morgens um 7 Uhr sank sie auf 22,6 Grad ab – es gab jedoch laut den Daten der ZAMG KEINE Tropennacht mit mehr als 20 Grad, da das Temperaturminimum für den 22. Juni mit 17,5 Grad angegeben wird (das wird bei der ZAMG immer für die Zeit zwischen 19 Uhr des Vortages und 19 Uhr am Tag des Eintrags angegeben). Ich glaube, dass das bei den Daten der ZAMG falsch dargestellt wird, denn von diesem „Sonderwert“ von 36 Grad in der Nacht kann es nicht innerhalb so kurzer Zeit um fast 20 Grad abkühlen, ohne dass ein vertiabler Sturm wegen einer Kaltfront oder starker Regen für Abkühlung sorgen.

Wenn ich mir dazu noch die Aufzeichnungen des nächstgelegenen Flughafens ansehe, wo es genaue Daten von weatherspark.com anschaue, dann stimmt das wohl auch in Oberndorf nicht so – dann am Flughafen Linz kühlte es in dieser „Föhn-Nacht“ nicht wirklich unter 25 Grad ab – in Oberndorf an der Messstation hingegen sank die Temperatur auf ca. 22 Grad ab – auch das sind noch 14 Grad weniger als kurz vor Mitternacht!

Quelle: weatherspark.com (leider in der Form nur für Flughäfen verfügbar)

So ein Sonderereignis, wo es in der Nacht so stark aufheizt durch den Wind, kann dann – neben dem fälschlichen Gebrauch des Wortes „Tropennacht“ schon auch zu Verzerrungen führen bei den Mess-Daten, wenn es um Tagesminima und -maxima geht! Allerdings kommt e trotzdem nicht zu „Tropennächten jenseits der 30-Grad-Marke, weil selbst bei solchen Extremereignissen, die absolute Einzelfälle darstellen, die Temperturen im Laufe der Nacht wieder absinken auf etwa 22 Grad… 😉

In anderen Mess-Stationen der ZAMG in der Nähe (Melk, Wieselburg und Waidhofen/Ybbs) gab es übrigens ähnliche Werte, allerdings nicht mit so hohen Temperaturen wie in Oberndorf. Das ist übrigens der Standort der Anlage (Bilder von Google Maps) – die Anlage steht beim Bild von oben in der linken oberen Ecke:

Nachsatz

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