Wann wird’s wo um wie viel wärmer?

Vorbemerkung

Vorne weg ein Disclaimer: Ich bin kein Metereologe (obwohl ich das während meiner Jugend für mich als möglichen Beruf angegeben habe, als es um meine Ausbildung ging). Ich “interpretiere” auch keine Zahlen, mache keine Prognosen oder anderes.
Ich zeige nur gerne her, was die Daten hergeben. Und das ist durchaus beachtlich, finde ich. Seht selbst:

Worum geht’s?

Die Serie über die historischen Wetterdaten zu Wien hatte ich eigentlich schon abgeschlossen für mich – dann ist mir noch eine Idee in den Sinn gekommen, die ich umsetzen wollte. Und damit es nicht imme rnur um Wien geht, habe ich dazu auch Vergleiche aus anderen Mess-Stationen in Österreich herangezogen.

Heute geht es um Folgendes: Ich habe einen Monats-Schnitt aus 25 Jahren zu einer gewissen Tages-Zeit berechnet. In allen Ortschaften habe ich dazu den 15-Jahres-Schnitt bis 2023 berechnet (für die Monate ab August ist es ein 24-Jahres-Schnitt). Das gleiche habe ich bei allen Ortschaften für die 25 Jahre bis 1972 berechnet. Und dann – je nach Verfügbarkeit der historischen Daten – auch noch von früheren 25-Jahres-Perioden. In der Grafik gibt es auch immer eine orange Linie, die die Temperatur-Entwicklung vom ersten möglichen Zeitraum zu heute zeigt.
Da ich immer die Aufzeichnungen von 14 Uhr mittags, 7 Uhr morgens und 19 Uhr abends habe (und bei den Daten steht immer, dass diese OHNE Sommerzeit gemessen wurden, die spielt also keine Rolle!), gibt es pro Mess-Station drei Grafiken.

Sonnblick

Wir beginnen bei der höchstgelegenen Mess-Station Österreichs, dem Sonnblick, wo es Daten zurück bis ins 19. Jahrhundert gibt – darum gibt es einmal den Schnitt der 25 Jahre bis 1910 und dazu die Zeiträume bis 1972 und 2023:

14 Uhr

Wir sehen gut, dass es am Sonnblick im 25-jährigen Monatsmittel nur 4 Monate gibt um 14 Uhr, an denen der Wert über dem Gefrierpunkt liegt.
Die orange Linie zeigt uns die Veränderung der 25-Jahres-Durchschnittstemperatur seit 1899: Sie liegt zwischen +1,5 Grad im September und +3,0 Grad im August.

7 Uhr

Bei den Werten von 7 Uhr früh gibt es nur zwei Monate im Plusbereich, beim Juni kommt auch der jüngste Schnitt auf einen Wert über Null Grad.
Die Erwärmung liegt in der Früh zwischen +1,4 Grad im September und +2,7 Grad im Juni und August.

19 Uhr

Abends um 19 Uhr sind die Temperaturen ähnlich wie am Morgen. Die Differenz von 1910 zu 2023 ist hier mit +1,6 Grad (September) bis +3,2 Grad (Juni) auch nur ein klein wenig höher als am Morgen oder Mittag.

Rauris

Steigen wir herab von der Wetterwarte auf dem Sonnblick und begeben uns in ein Alpental ganz in der Nähe: Rauris in Salzburg hat Daten, die sogar bis 1875 zurück reichen – das reicht für einen Schnitt über 25 Jahre im 19. Jahrhundert! Der Ort liegt ungefähr auf 1.000 m Seehöhe. Wie sehen die Daten in Sachen Erwärmung hier aus in dem schönen Tal und keine 30 Kilometer vom Gipfel des Sonnblick entfernt?

14 Uhr

Im Gegensatz zum Sonnblick gab es bis 1972 in Rauris nur zwei Monate, in denen das 25-jährige Monatsmittel unter dem Gefrierpunkt lag. 2023 ist das nirgends mehr der Fall.
Die orange Linie zeigt uns, dass der Unterschied zu 1899 mit +0,9 Grad im September bis +2,8 Grad im Oktober sogar etwas geringer war um 14 Uhr als am Sonnblick.

7 Uhr

Morgens um 7 Uhr war der September im Schnitt bis 2022 sogar minimal kälter als der vor etwa 125 Jahren. Nur in fünf Monaten liegt die Differenz über +1,5 Grad: Im Juni, November, Dezember, Jänner und Februar. Die vier letztgenannten haben so wie der März morgens eine Durchscnittstemperatur unter Null Grad – auch zuletzt noch.

19 Uhr

Und jetzt wird es plötzlich auffällig anders: Zwar liegen die monatlichen Durchschnittswerte auch abends um 19 Uhr von Dezember bis Februar unter Null Grad – allerdings ist die Erwärmung plötzlich eine vollkommen andere: Die Differenz von 1899 zu 2023 liegt nun plötzlich zwischen +1,3 Grad (September) und +4 Grad (Juli). Vor allem der Sommer tanzt hier ganz offensichtlich aus der Reihe, waren doch sonst meist die Wintermonate die mit dem höchsten Anstieg.

Feldkirch

Wenden wir uns dem Westen des Landes zu: In Feldkirch in Vorarlberg, Österreichs westlichster Stadt, gibt es ebenfalls schon lange Aufzeichnungen, allerdings reichen sie nicht ganz so weit zurück, der erste mögliche 25-Jahres-Schnitt ist daher mit 1919 genau 20 Jahre später als in Rauris und 9 Jahre später als am Sonnblick.

14 Uhr

Das bewirkt unter anderem, dass die Differenz zu 2023 größer ist als in Rauris oder am Sonnblick, weil es nämlich nach 1900 tendenziell eher kälter wurde als vor 1900.

Darum darf es uns auch nicht wundern, dass in Feldkirch die Differenz zwischen +1,5 Grad (Mai) und +3,1 Grad (April) liegt. Ähnlich wie in Rauris (aber nicht am Sonnblick) gibt es einige Monate, in denen es beim frühestmöglichen 25-Jahres-Zeitraum wärmer war als in den 25 Jahren vor 1972.

7 Uhr

Morgens um 7 Uhr ist die Differenz mit +0,7 (März) bis +2,2 (Januar) deutlich geringer. Sogar in Feldkirch im Rheintal gibt es im 25-Jahres-Schnitt bis heute um Jänner und Februar im Monatsmittel Temperaturen unter Null Grad – der Dezember, der von 1919 bis 1972 deutlich kälter wurde, liegt zuletzt knapp im Plus.

19 Uhr

Wieder kommen wir zu den abendlichen Temperatur-Mittelwerten: Zwischen +1,9 (Dezember) und +4,9 (Juli) liegen die Werte hier – das ist DEUTLICH mehr als morgens oder um 14 Uhr! Und wieder sind es die Werte der Monate mit längerer Sonnenscheindauer, die besonders herausstechen. Von April bis August sind es imme rmehr als +4 Grad!

Wien

Wien ist insofern ganz anders, als dass wir hier nicht Werte von vor 100 (Feldkirch) oder 125 Jahren (Rauris) zur Verfügung haben als Vergleich, sondern solche, die bereits 225 Jahre zurück liegen! Durch die Messreihen seit 1775 haben wir viel mehr Vergleichswerte – wenn auch nur sehr beschränkt, da es sich um Daten einer einzigen Mess-Station handelt, die mit keiner anderen aus Österreich verglichen werden können.

14 Uhr

Verglichen mit 1799 war der September im 25-Jahres-Schnitt in Wien gleich warm wie heute. Auch der Mai, August und Oktober sind nicht mehr als 1,2 Grad wärmer im Jahr 2023. Am stärksten gestiegen sind die Temperaturen um 14 Uhr im März mit +3,4 Grad.

7 Uhr

Um 7 Uhr in der Früh war es vor 225 Jahren in sieben von zwölf Monaten WÄRMER als heute im 25-Jahres-Schnitt! Nur in den Monaten von November bis März, also im Winter, war es damals kälter. Und nur zwei Monate weisen ein Plus von mehr als einem Grad aus: Der Dezember und der Jänner.

19 Uhr

Und jetzt kommen wieder die abendlichen Temperaturen von 19 Uhr ins Spiel: Nur im September ist es gleich warm oder kalt gewesen vor 225 Jahren. Überall sonst stieg die Temperatur zwischen +1,1 Grad (Oktober) und +4,2 Grad (Juli).

Fazit

Im Hochgebirge sind die Temperaturen in den letzten 125 Jahren um 1,5 bis 3 Grad gestiegen, wobei jeweils der September den geringsten Anstieg zeigt und die Sommermonate davor den höchsten. Das – so meinte ein „Wetter-Experte“ zu mir – kann durchaus mit dem Rückgang der Schnee- und Eismassen dort oben zu tun haben, weil dunkle Felsen im Sommer deutlich mehr Wärme aufnehmen können als die früher größeren Gletscher. Was im Hochgebirge auffällt: Die Erwärmung ist um 7 Uhr nicht viel anders als um 14 oder 19 Uhr.

Das sieht überall dort, wo Menschen leben, ganz anders aus – hier sind die Differenzen ganz andere, wenn wir die morgendlichen Temperaturen ansehen im Vergleich vor allem zum Abend. Um 19 Uhr gibt es vor allem in den Sommermonaten oft über 4 Grad mehr bei den Monats-Durchschnittswerten über 25 Jahre. Im Vergleich zum Hochgebirge kommen hier bis zu zwei Grad mehr an Erwärmung dazu.

Ebenfalls interessant: Morgens war es vor 225 Jahren auf der Hohen Warte in Wien in den Sommermonaten von April bis Oktober WÄRMER als heute! Auch vor etwa 175 Jahren war es noch oft wärmer ode rgleich warm wie heute, erst die Vergleiche mit den Daten von 125 Jahren zeigen niedrigere Werte als heute.

Diese Beobachtung trifft NICHT für die Werte von 19 Uhr am Abend zu – auch da war es vor 1800 wärmer als bis in die 1950er Jahre. dann stiegen jedoch die Werte am Abend stark an – und zwar in ALLEN Monaten.
Schade finde ich in dem Zusammenhang, dass es keine historischen Luftbilder aus so frühen Zeiten gibt – diese könnten in Sachen Urbanisierung und Bebauung durch den Menschen interessante Vergleiche bringen. Denn sicher spielen auch bei Wetterstationen, die überdacht (Schatten) und im richtigen Abstand vom Boden die Daten messen, die in der Umgebung vorhandenen Straßen und Gebäude eine Rolle, wenn es um Veränderungen der Messungen geht, oder?

Was ebenfalls auffällt beim Vergleich der Temperaturen: In den Wintermonaten beträgt der Unterschied zwischen den wämsten und kältesten Tagen innerhalb von 25 Jahren oft einmal 30 Grad oder mehr, im Sommer sind es selten mehr als 20 Grad Unterschied zwischen den kältesten und wärmsten Tagen zur selben Uhrzeit.