Noch einmal die NÖ-Wahl

Gestern war überall zu vernehmen, dass vor allem dort die FPÖ stark war bei den Wahlen, wo es viele Ungeimpfte gab im Land Niederösterreich. Abgesehen davon, dass ich nicht verstehe, wieso dabei auch Zahlen herangezogen wurden, bei denen es um den Unterschied der VIERFACH-Geimpften in den Bezirken oder Gemeinden ging, wollte auch ich einen Blick auf die Daten werfen und habe mir selbst ein paar Details heraus gesucht – ich bitte schon vorne weg: Jeder möge selbst entscheiden, welcher dieser Werte/Vergleiche sinnvoll und welcher sinnbefreit ist:

Offizielles Ergebnis

Das sind die offiziellen Stimmenanteile, die auch so auf der Homepage des Landes NÖ zu finden sind. Ganz knapp hat die ÖVP die 40% nicht erreicht. Die SPÖ hat etwas mehr als 20,5% der Stimmen bekommen, die FPÖ knapp mehr als 24%.

Offizielles Ergebnis 2

Es gibt eine Gruppe, die wählen gegangen ist, aber nicht beim Ergebnis oben dargestellt und mitgerechnet wird: Die Menschen, die aus welchem Grund auch immer ungültig gewählt haben. Wenn wir die mit berücksichtigen, sieht das Ergebnis so aus:

Immerhin waren fast 2,5% aller Stimmen – das ist etwa jede 40. abgegebene Stimme – ungültig. Die Prozentanteile der anderen Gruppen sinken dadurch natürlich ab. Jetzt hat die ÖVP zum Beispiel nicht einmal mehr 39% der abgegebenen Stimmen, die SPÖ liegt noch knapp über der 20%-Marke und der Anteil der FPÖ liegt unter 24%.

Offizielles Ergebnis 3

Wie sieht es denn aus, wenn wir auch all jene, die NICHT wählen gegangen sind, mit berücksichtigen?

Überraschung! Die NICHTWÄHLERINNEN sind doch noch die größte Gruppe geworden! Fast 28,5% aller Menschen in NÖ, die wahlberechtigt waren, sind nicht wählen gegangen. Das sind knapp mehr als es Stimmen für die ÖVP gab – in absoluten Zahlen waren es 7.247 Menschen mehr, die sich – auch welchem Grund auch immer – zum Nichtwählen entschieden haben.

Das heißt, dass knapp weniger als 28% aller Niederösterreicher und Niederösterreicherinnen, die wahlberechtigt waren, der ÖVP ihre Stimme gaben. Nicht ganz 17% wählten die FPÖ, die SPÖ blieb unter 14,5%, die Grünen erhielten etwas mehr als 5%, die NEOS etwas weniger.

Die Kleinparteien

Noch eine Bemerkung zu den Kleinparteien, die oben mit Werten unter 1% aufscheinen: Die MFG und die KPÖ kandidierten nur in acht von 24 Bezirken, die Liste Ziel nur zwei.
Wenn wir den Stimmenanteil der GÜLTIGEN Stimmen (siehe Grafik 1) so berechnen, dass wir nur den Schnitt dieser Bezirke anschauen, dann fielen 2,11% aller Stimmen auf die Liste ZIEL, 1,23% auf die KPÖ und 1,22% auf die MFG. Das sind immer noch wenige Stimmen, aber doch deutlich mehr als im Landesergebnis.

Die WahlkartenwählerInnen

Bei der gesamten Wahl in NÖ gab es nur 500 Wahlkarten, die abgegeben wurden. Das entspricht nur 0,04% aller Wahlberechtigten, 0,05% aller abgegebenen Stimmen und 0,06% aller gültigen Stimmen.

27% aller Wahlkarten wurden für die ÖVP abgegeben, 25,6% für die FPÖ, genau 20% für die SPÖ. Die Grünen erhielten hier 13,6% aller Stimmen, die NEOS 11,4%. Bei den Kleinparteien gab es keine Wahlkartenstimmen für die Liste ZIEL und jeweils 0,4% für MFG und KPÖ. Ungültig waren 1,6% aller Wahlkarten – das ist deutlich weniger als bei den Stimmen, die im Wahllokal abgegeben wurden.

Das heißt, dass die Grünen und NEOS bei den Wahlkarten mehr als doppelt so viele Stimmenanteile hatten wie bei den Stimmen insgesamt. Aber auch die FPÖ hatte bei den Wahlkarten höhere Stimmenanteile. Am schlechtesten im Vergleich zu den Gesamtstimmen schnitt die ÖVP ab.

Die Bezirksergebnisse

(auf alle Wahlberechtigten gerechnet)

Wie wurde denn in den einzelnen Bezirken abgestimmt? Es gibt 24 davon in NÖ, also recht viele – und die Ergebnisse unterscheiden sich SEHR!

Beginnen wir mit der größten Gruppe – den NichtwählerInnen. Davon gab es im Bezirk Wr. Neustadt Stadt fast 42% – im Bezirk Krems Land waren es nicht einmal halb so viele mit 20,45%. Ebenfalls mehr als ein Drittel NichtwählerInnen gab es in den Bezirken Bruck an der Leitha, St. Pölten Stadt und Baden.

Bevor wir uns den einzelnen Parteien zuwenden, schauen wir uns noch die Werte der ungültigen Stimmen an: Ungefähr jede 33. mögliche Stimme war im Bezirk Zwettl ungültig. Am wenigsten waren es im Bezirk Mödling, wo es nur etwa jede 92. Stimme war (von allen möglichen Stimmen, also auch denen, die NICHT wählen gegangen sind!).
Da es hier auch Sinn macht, darauf zu schauen, wie viele der ABGEGEBENEN STIMMEN ungültig waren, gibt es dazu noch eine Grafik:

Ungefähr jede 26. abgegebene Stimme war im Bezirk Zwettl ungültig. Am wenigsten waren es wieder im Bezirk Mödling, wo es nur etwa jede 63. Stimme war.

Kommen wir zu den wahlwerbenden Parteien:

Von allen, die wahlberechtigt gewesen sind, gaben im Bezirk Horn 40,9% ihre Stimme der ÖVP. Ebenfalls mehr als ein Drittel aller möglichen Stimmen erhielt die ÖVP in Zwettl, Waidhofen an der Thaya, Mistelbach, Krems Land und Hollabrunn. Mit Ausnahme von Krems Land liegen ALLE diese Bezirke weit im Norden. Am wenigsten Stimmen gab es im Bezirk Wr. Neustadt Stadt, wo gerade einmal 17,9% aller möglichen WählerInnen die ÖVP wählten.
Am wenigsten Stimmenanteile landesweit erhielt die ÖVP in Golling an der Erlauf – nur 9,69% aller möglichen Stimmen fielen dort der ÖVP zu. In Großhofen hingegen wählten 70,31% aller möglichen WählerInnen die ÖVP – ein unerreichter Wert im Rest des Landes.

Bei der SPÖ ist die Streuung noch größer: Am wenigsten Stimmen gab es in Zwettl mit 8,3%, am meisten in Lilienfeld mit 20,9%.
Am wenigsten Stimmenanteile landesweit erhielt die SPÖ in Parbasdorf, wo nur 2,96% aller möglichen Stimmen der SPÖ zufielen. In Bärnkopf hingegen wählten 37,93% aller möglichen WählerInnen die SPÖ – also mehr als ein Drittel aller Wahlberechtigten!

Für die FPÖ gab es in Waidhofen an der Thaya am meisten Stimmen, ganz knapp vor Zwettl – in beiden Bezirken waren es mehr als 22,6% aller möglichen WählerInnen. Bei weitem am wenigsten gab es in Mödling mit 10,6%.
Am wenigsten Stimmenanteile landesweit erhielt die FPÖ in Laab am Walde – nur 7,82% aller möglichen Stimmen fielen dort der FPÖ zu. In Altmelon hingegen wählten 35,58% aller möglichen WählerInnen die FPÖ – das ist deutlich mehr als ein Drittel aller Wahlberechtigten!

Genau dort, in Mödling, erreichten die Grünen am meisten Stimmanteile: fast 9% gingen dort an sie. Am wenigsten waren es in Gmünd, wo es gerade einmal 3,4% aller möglichen Stimmen waren.
Keine einzige Stimme erhielten die Grünen Großhofen, der ÖVP-Hochburg. In St. Andrä-Wördern wählten 12,87% aller möglichen WählerInnen die Grünen – das ist fast jede(r) Achte aller Wahlberechtigten!

Auch die NEOS schnitten in Mödling am besten ab und erreichten dort fast 7,5% der möglichen Stimmen. Und wie bei den Grünen erreichten auch sie in Gmünd am wenigsten Stimmenanteile – es waren gerade einmal 3,3%.
Am wenigsten Stimmenanteile landesweit erhielten die NEOS in Hundsheim – nur 0,62% aller möglichen Stimmen fielen dort den NEOS zu. In Andlersdorf hingegen wählten 14,66% aller möglichen WählerInnen die NEOS – das ist deutlich mehr der höchste Wert bei den Grünen!

Die anderen Wahlwerber traten nicht in allen Bezirken an – ich habe sie hier zusammengfasst dargestellt: Zusammen ereichten sie in Waidhofen an der Ybbs fast 3,5% aller möglichen Stimmen – in zwölf Bezirken, also genau der Hälfte – trat keine dieser Gruppierungen an. Den höchsten Wert einer einzelnen Gruppierung erreichte die Liste ZIEL in Waidhofen an der Ybbs mit 2,38%. MFG erreichte in Krems Land mit 1,21% den höchsten Anteil und die KPÖ mit 1,09% aller möglichen Stimmen in Waidhofen an der Ybbs.
Den höchsten Wert der KPÖ gab es in Fischamend, wo die KPÖ immerhin 3,43% aller möglichen Stimmen schaffte, die MFG erreichten in Fels am Wagram immerhin 3,06% aller Wahlberechtigten, und ZIEL schaffte es, in Waidhofen an der Ybbs (siehe oben) 2,38% der Wahlberechtigten auf sich zu vereinen.

Kurioses gefällig?

Schauen wir uns doch Waidhofen an der Ybbs genauer an – dort gab es ja besonders viele Stimmen für ZIEL und auch noch einige für die KPÖ. Die Wahlbeteiligung war dort mit 75% höher als im Schnitt des Landes. Der Anteil der ungültigen Stimmen lag bei 1,99%, war also eher unauffällig.
Wodurch sich Waidhofen an der Ybbs auszeichnet, ist einerseits die Tatsache, dass die Stadt gleichzeitig auch ein eigener Bezirk ist und andererseits gibt es in keinem Bezirk eine höhere Pro-Kopf-Verschuldung, was die Bezirksfinanzen betrifft. Waidhofen liegt, was die Impfquoten betrifft, nirgends im Bereich der 20 am meisten oder wenigsten Geimpften aller Ortschaften von NÖ. Dafür gab es in Waidhofen an der Ybbs zuletzt wie nur in 6 anderen Bezirken keine einzige Totgeburt.

Großhofen ist mit mehr als 70% aller Wahlberechtigten die Hochburg der ÖVP. Die Gemeinde mit 64 Wahlberechtigten liegt im Bezirk Gänserndorf. Auch sie weist keine Auffälligkeiten bei den Impfquoten auf – gerade einmal 54,37% sind dort drei Mal geimpft und 20,4% haben sich vier Mal oder öfter gegen Covid impfen lassen.

Am wenigsten Stimmen gab es für die ÖVP in Golling an der Erlauf. Auch wenn die Impfquoten dort deutlich niedriger liegen, zählen die 10,89% an vier oder öfter Geimpften nicht zu den niedrigsten Werten des Landes. Ganz anders ist das wenige Ortschaften weiter: In Dorfstetten, ebenfalls im Bezirk Melk, haben sich nur 58% aller Menschen eine Erstimpfung geholt und nur 5,45% sind viermal oder öfter gegen Covid geimpft worden. Mit 85,33% gab es dort eine der höchsten Wahlbeteiligungen im Land und die FPÖ erreichte mit 29,56% eines der besten 20 Ergebnisse. Allerdings liegt auch die ÖVP mit 33,56% weit weg vom Ergebnis in Golling und ÜBER dem Wert, den sie landesweit erreichte (wir sprechen hier immer von den Stimmanteilen incl. der NichtwählerInnen).

Landesweit am meisten Geimpfte, wenn es um die Erst-, die Dritt- und die Vier und Merfachimpfungen geht, sind die Menschen in Laab am Walde. Dort sind 36,6% viermal oder öfter geimpft worden gegen Covid, mehr als 75% haben sich die Drittimpfung geholt und 86,65% sind auch der Spitzenwert bei den Erstimpfungen landesweit.
In der Gemeinde aus dem Bezirk Mödling mit 870 EinwohnerInnen gab es mit 7,82% den niedrigsten Wert für die FPÖ landesweit. Sowohl die NEOS als auch die Grünen erhielten dort mehr Stimmen. Aber auch die ÖVP fuhr dort mit 30,7% ein passables Ergebnis ein, auch wenn es zum Beispiel unter dem von Dorfstetten liegt, wo nur ganz wenige Menschen geimpft sind im Vergleich zu Laab.

Am wenigsten geimpft (außer bei den Viert- und Mehrfachgeboosterten) wurde in NÖ in Gresten-Land. Gerade einmal 55,4% haben sich dort die erste Impfung gegen Covid geholt, bei der Zweitimpfung waren es nur mehr 51,21% und die dritte Impfung gab es nur mehr für 33,83%, das ist fast genau ein Drittel der Bevölkerung. 6,2% Vierfach oder öfter Geimpfte sind nicht der schlechteste Wert des Landes, aber nahe dran.
In der Gemeinde aus dem Bezirk Scheibbs lag die Wahlbeteiligung mit 74,65% über dem Landesschnitt, die Werte der Parteien lagen bei 27,02% (ÖVP), 18,95% (SPÖ), 20,49% (FPÖ), 3,39% (Grüne) und 4,8% (NEOS). Damit lag hier die SPÖ im Vergleich zu den landesweiten Durchschnittswerten am besten, auch die FPÖ hatte mehr Stimmenanteile, die ÖVP lag knapp unter dem Landesschnitt – schlecht abgeschnitten haben hier vor allem die Grünen – die NEOS hatten wieder etwas mehr Stimmen als im Schnitt.

Am meisten Zweitimpfungen landesweit gab es in Jedenspeigen, einer Gemeinde mit 917 Wahlberechtigten aus dem Bezirk Gänserndorf. Die Wahlbeteiligung war dort mit fast genau 77% eher hoch, die ÖVP erhielt 36,75% aller möglichen Stimmen, das ist weit über dem Landesschnitt. Die SPÖ schaffte mit 19,85 ebenfalls deutlich mehr Stimmen als im Landesschnitt, die FPÖ mit 15,05% etwa 1,9% weniger. besonders wenige Stimmen gab es dort für die Grünen und die NEOS, beide lagen DEUTLICH unter den Durchschnittswerten.

Gehen wir noch einmal zu den Schulden zurück: Die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung in NÖ hat der Bezirk Bruck an der Leitha mit 1.627 Euro pro Kopf und Nase. Das ist nicht einmal halb so viel wie in Waidhofen an der Ybbs.
Die Wahlbeteiligung lag dort mit 63,4% deutlich unter dem Landesschnitt, die ÖVP erreichte 22,8% aller Wahlberechtigten, die SPÖ 16,35% und die FPÖ 14,37% – die Grünen erhielten 4,15% aller Stimmen, die NEOS 3,45 und die KPÖ 0,88%. Es gab 2,14% ungültige Stimmen.
Das bedeutet, dass dort erstens der NichtwählerInnen-Anteil um mehr als 8% höher lag als im Landesschnitt, zweitens hatte die ÖVP fast genau 5% Stimmenanteile weniger, die SPÖ 2% mehr und die FPÖ 2,5% weniger. Sowohl die Günen als auch NEOS erhielten etwa 1,2% weniger als im Schnitt des Landes. Und falls es jemanden interessiert: Im Gegensatz zu Waidhofen an der Ybbs gab es in Bruck an der Leitha leider sehr wohl Totgeburten. Am meisten davon gab es übrigens im Bezirk Krems a.d.D. Stadt – jede 70. Geburt war dort leider eine Totgeburt. Dort waren übrigens nur die Stimmenanteile der Grünen und der NEOS über dem Landesschnitt – und auch der der NichtwählerInnen, der mit 33,9% mehr als ein Drittel betrug. 59,65% sind dort mindestens drei Mal geimpft, was knapp mehr ist als der Landesschnitt von 59,58% (Quelle: hier)
Fast hätte ich es vergessen: In der FPÖ-Hochburg Altmelon gab es in Sachen Impfungen auch keine Auffälligkeiten, nur relativ wenige Erstimpfungen mit 61,42%.

FAZIT

Ich war überrascht über die hohe Wahlbeteiligung in Niederösterreich. Einen wirklichen Zusammenhang zwischen Impfquoten und Stimmenanteilen für die FPÖ kann ich nicht entdecken – dazu sind die Übereinstimmungen genauso selten, wie es die mit Schuldenstand oder Totgeburten sind, um zwei Besipiele heranzuziehen, für die es auf die Schnelle Daten gab.

Ich sehe eher einen Zusammenhang zwischen Wahlanteilen der ÖVP und der Nähe zur tschechischen Grenze – denn die meisten Stimmen erhielt die ÖVP anteilsmäßig im Norden des Landes.
Es gibt auch einen klaren Zusammenhang zwischen Wahlbeteiligung und ÖVP: Diese für die besten 5 Bezirksergebnisse in den Bezirken ein, die die höchste Wahlbeteiligung hatten. Allerdings liegt auch der Bezirk mit den meisten Stimmenanteilen für die FPÖ unter den 5 Bezirken mit der stärksten Wahlbeteilgung und ganz im Norden des Landes.
Und wo die Wahlbeteiligung besonders niedrig war (Wr. Neustadt Stadt), schneiden ALLE anderen Parteien besser ab im Vergleich zum Schnitt – außer der ÖVP.

Es ist vielleicht so, wie es bei vielen anderen Sachen auch ist: Nicht immer gibt es einen Zusammenhang, nur weil zwei Werte darauf hindeuten…