Wien Innere Stadt vs Zwerndorf

Anfang des Jahresbekam ich eine Nachricht eines Lesers meiner Zahlenspielereien: „Bitte Temperaturen und Niederschläge von WIEN INNERE STADT und ZWERNDORF vergleichen. Danke.“

Leider finde ich selten Zeit für so etwas. Diese Nachricht hat mich heute neugierig gemacht, weil ich sie als „ungelesen“ gespeichert hatte:

Die Lage der Mess-Stationen

Nicht einmal 38 Kilometer liegen zwischen den beiden Mess-Stationen – die jedoch ungleicher nicht sein könnten:

In Wien (Bilquelle Google Maps) liegt die eine Station auf einem kiesbedeckten Dach eines Zwischenstocks eines mehrstöckigen Gebäudes. Die Umgebungsbilder stammen von einem PDF der ZAMG selbst:

Die Station in Zwerndorf nahe der slowakischen Grenze hingegen liegt außerhalb des kleinen Örtchens inmitten von Feldern (beide Bilder stammen von Google Maps):

Die Niederschläge

Daten gibt es für beide Stationen seit dem 1. Februar 1997 (davor liegen nur Daten für Wien vor – dort fehlen jedoch offensichtlich Niederschlagswerte aus den Jahren 1999 und 2000).

Während es in Wien sieben Tage gab, an denen es mehr als 60 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gab, ist es in Zwerndorf gerade einmal einer. Interessanterweise gab es an beiden Mess-Stationen gleich viele Tage OHNE Niederschlag – wobei Wien hier weniger haben dürfte weil hier ganz offensichtlich eine ganze Reihe von Tagen 1999 und 2000 fehlen. In SUMME gab es trotz dieser Tatsache in Wien fast 2.500 Liter mehr Niederschlag als in Zwerndorf. (Das sind etwa 16% mehr als in dem kleinen Ort in NÖ).

Die Temperaturen

Das ist ein Vergleich aus den letzten 30 Jahren, der die Tages-Mittelwerte der beiden Mess-Stationen zeigt. In BEIDEN Stationen war der kälteste Tag der 23. Jänner 2006 und der wärmste der 8. August 2013. Allerdings war es in Zwerndorf fast 4 Grad kälter im Jänner 2006 und gleichzeitig auch um 0,2 Grad WÄRMER im Sommer 2008 im Schnitt des ganzen Tages.
Interessant sind folgende Details: Insgesamt gab es in Wien in den letzten 30 Jahren 2.373 Mal Tage mit mehr als 20 Grad im Mittel und in Zwerndorf nur 1.584 – das sind ein Drittel weniger „Sommertage“! Das Mittel über 30 Jahre war in Wien in der Inneren Stadt um ganze zwei Grad wärmer als in Zwerndorf.

Auch bei den Maximaltemperaturen sind die gleichen zwei Tage bei BEIDEN Mess-Stationen die, die „vorne liegen“: während es am 23. Jänner 2006 in Zwerndorf nie wärmer als -13,5 Grad wurde, waren es in Wien mit -9,7 Grad fast genau vier Grad mehr – also ähnlich wie bei den Mittelwerten der einzelnen Tage. Bei dem Maximaltemperaturen ist es jedoch anders: Hier liegt nun, obwohl der Tag an sich im Mittel in Zwerndorf wärmer war, Wien voran um 0,1°C. Am 8. August 2013 wurden in der Schaurhofergasse 39,5 Grad gemessen, in Zwerndorf in den feldern war es mit 39,4 Grad minimal weniger heiß.

Tage mit Maximaltemperaturen von mehr als 30 Grad gab es in den letzten 30 Jahren in Zwerndorf 659, in Wien mit 774 das sind mehr als ein Sechstel weniger. Im Schnitt aller Temperaturmaxima war es in Wien um 0,6 Grad wärmer als in Zwerndorf.

Fazit

Im Vergleich „Feld gegen Innenstadt“ und fast 40 Kilometer Luftlinie zwischen beiden Stationen können wir sehen, dass es in Wien deutlich mehr und auch heftiger regnet als in Zwerndorf. Bei den Temperaturen wird es „seltsam“: hätte mir erwartet, dass es in Wien deutlich heißer ist als im „Grünen“ nahe der Grenze zur Slowakei. Das stimmt allerdings nur bedingt – es ist zwar so, dass das Tagesmittel um ganze zwei Grad niedriger liegt – das liegt aber NICHT am Temperaturmaximum der Tage, denn da ist der Unetrschied deutlich kleiner. Die Lösung liegt nahe und wird durch diese Zahlen belegt:

Bei den MINIMALtemperaturen jedes Tages ist in Zwerndorf wieder der 8. August klar Nummer eins: Das war der einzige Tag, an dem dort die Temperatur auch nachts nicht unter 25 Grad absank. Es gibt nicht einmal einen zweiten Tag unter all den 9.858 Tagen seit 1997, an dem den ganzen Tag über nie weniger als 24 Grad hatte. In Wien hingegen die 25 Grad vom 8. August öfter geknackt worden als Minimaltemperatur des Tages: Einmal im selben Jahr, nur vier Tage früher und weitere Male in den Jahren 2015, 2017, 2019 und 2022 – es sind oben in der Grafik nur die höchsten jedes Jahres angeführt, es gibt noch mehr.
Wenn wir uns die Tage mit Minimaltemperaturen von mehr als 20 Grad anschauen, also Tage mit so genannten „Tropennächten“, dann sind das in Wiens Innenstadt in den letzten 30 Jahren 589 gewesen. In Zwerndorf gab es hingegen nicht einmal ein Zehntel davon – es waren nur 53!
Auch das Mittel der Temperaturminima weicht vollkommen voneinander ab: Win Wien war es im Schnitt der letzten 30 Jahre über 9 Grad warm, Zwerndorf liegt mit nicht einmal 6 Grad DEUTLICH niedriger. Das bedeutet dann wohl, dass vor allem die heißen und warmen Nächte in den Städten dazu beitragen, dass die Temperaturen dort deutlich höher sind als „am Land“.
Das hätte ich fast vergessen: der kälteste Tag in Wien war – wie auch bei den Maximaltemperaturen und dem Mittelwert – der 23. Jänner 2006. In Zwerndorf war es hingegen am 12. Jänner 2003 mit -22,6 Grad um mehr als 4 Grad kälter als am insgesamt kältesten Tag im jahr 2006.