Die Sache mit den Genesungen – Teil 2

Vorwort

Dass die Datenlage in Österreich seltsam, verwirrend, unzureichend ist oder auch – was es nicht besser macht – andauernd wechselt, wissen die Leser meiner Beiträge bereits. Wenn dann jedoch Daten auftauchen, die ohne Zusammenhang zu den Ausgangsdaten oder in Bezug zu Vergleichsgrößen präsentiert werden, dann kann ich gar nicht anders, als mir das genauer anzuschauen.

Das ist heute so passiert. Beim ORF wurden Daten der GÖG (Gesundheit Österreich) präsentiert – die Datenquelle dazu ist nicht genauer angeführt und auch bei der GÖG nicht auf die Schnelle auffindbar. Darin wird vollkommen isoliert auf den angeblich wahnsinnig schnell steigenden Anteil der Reinfektionen hingewiesen mit einer Grafik, die mehr nach einer Kletterwand als nach einer Kurve aussieht.
Die Quellenangaben zu meinen Grafiken sind die Daten der AGES und auch die aus dem ORF-Bericht. Ich habe, da die Daten der AGES immer nach Kalenderwochen angeführt sind, nicht genau die Monate, sondern jeweils 4 Wochen zusammengefasst, die aber fast genau den Monaten entsprechen.

Quelle: ORF.at (https://science.orf.at/stories/3212535/)

Die Grafik aus dem ORF-Bericht sieht aus wie auf dem Screenshot, wen ich heute Nachmittag dort gemacht habe.

Positive Tests seit Dezember 2021

So wie hier habe ich selbst die Daten noch nie dargestellt, da ich die absoluten Zahlen eigentlich nicht für aussagekräftig halte – es fehlt der Bezug zur Größe der Gruppe und auch zu anderen, vergleichbaren Gruppen. Da jedoch die Grafik bei ORF.at so aufgebaut ist, stelle ich sie hier ebenfalls so dar.

Es fällt sofort auf, dass der extreme Anstieg von der ORF-Grafik (gestrichelte grüne Linie) hier untergeht, weil andere Gruppen noch deutlich stärkere Anstiege haben. Extrem ins Auge stechen die Dreifachgeimpften (vor Februar gab es dazu keine eigenen Daten, daher beginnt die Linie erst dort!) und auch die Tatsache, dass die Zahl der positiven „Ungeschützten“ im Gegensatz zu allen anderen Gruppen zurück gegangen ist.
Weiters fällt auf, dass die Zahlen der AGES mindestens um 50% niedriger liegen als die angegebenen bei der GÖG-Grafik des ORF. Entweder stimmen also die einen nicht, oder die anderen.
Da diese Zahlen absolute Werte darstellen, ohne die Größe der Gruppe (zB der Dreifachgeimpften) zu berücksichtigen), habe ich das anders dargestellt.

Wie viel Prozent der jeweiligen Gruppe sind positiv getestet worden?

Die Überschrift verrät schon, worum es geht: Ich habe die Zahlen hier so dargestellt, dass ersichtlich ist, wie viele Prozent der jeweiligen Gruppe einen positiven Test hatte.

Nun sieht alles ganz anders aus: Besonders auffallend sind die Menschen, die in den letzten 4 Monaten ein zweites Mal geimpft worden sind, denn die sind nun ganz oben zu finden, mit der am stärksten steigenden Tendenz. Dann folgen die „Immunnaiven“ (oder auch „Ungeschützten“). Wenn wir nun die Genesenen anschauen, so bewirken die beim ORF präsentierten Werte (gestrichelte dunkelgrüne Linie), dass die Genesenen nun schlechter dastehen als alle anderen Gruppen mit Impfungen. Wenn wir jedoch die AGES-Werte (dunkelgrüne Linie) nehmen, dann finden wir sie UNTER den Werten aller Geimpften (interessanterweise außer den schon mindestens 4 Monate zweifach Geimpften, die sind besser!). Und wenn ich die „Entfernung“ der über 1 Million Genesenen bei der AGES korrigiere (hellgründe Linie), dann sind die Genesenen die bei weitem am besten dastehende Gruppe.
Was ich sehr interessant finde: Die Geimpften, bei denen die Impfung „abgelaufen“ ist, sind kaum besser als alle „regulär Geimpften“ oder die Dreifachgeimpften. Und die „unzureichend Genesenen“ sind nach der Datenkorrektur besser als alle Geimpften (außer den seit 121 bis 180 Tagen Zweifachgeimpften).

Der Wert der Symptomatischen

Eines der größten Mysterien bei den Daten sind die Angaben zu den asymptomatischen und symptomatischen Verläufen. Da diese nicht fix definiert sind, scheint es bei Betrachtung der Daten so zu sein, dass da jede Kommission und Agentur die Daten so erfasst, wie sie es für richtig halten.

Wir sehen ganz oben die Linie, die die Ampelkommission in ihren wöchentlichen Berichten festlegt. Demnach wären von ALLEN Positiven immer um die 70% auch symptomatisch. In der Mitte finden wir alle Werte der AGES – bis zur Datenkorrektur im März waren hier bei den Genesenen eindeutig die meisten asymptomatischen Fälle, danach kippt das plötzlich und die Genesenen näheren sich als einzige den Werten der Ampelkommission an, alle anderen werden eindeutig WENIGER.
Was bewirkt das? Nun, da die AGES immer die Daten als „Inzidenzen“ darstellt und hier nur die symptomatischen Fälle berücksichtigt, steigt logischerweise die Inzidenz bei den Genesenen stark an, während sie bei den anderen „gebremst“ wird. Und da nicht nur die Symptomatischen mehr werden, sondern gleichzeitig auch die Genesenen als Gesamtgruppe weniger (siehe den Beitrag über die „verschwundene Million“ der Genesenen!) wird dieser Effekt sogar noch verstärkt!

FAZIT

Isoliertes Darstellen einer Größe aus vielen ist nicht sehr sinnvoll, wenn ich keinen Bezug herstelle. Wenn dadurch extreme Effekte entstehen und diese nicht mit anderen Größen in Relation gebracht werden, wirkt das noch schlimmer.
Ich muss der GÖG und dem ORF eigentlich dankbar sein, denn ich habe weitere Auffälligkeiten entdeckt, die ich sonst gar nicht bemerkt hätte!


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