Die Pandemie – Rückblick, Teil 5

Vorbemerkung

750 Updates gab es von mir seit März 2020 – davon waren sieben Wochen-Updates, die anderen alle zum jeweiligen Tag. Zeit für einen „Rückblick“…

Die Datenquellen sind wie immer bei den Grafiken angegeben!

Worum geht es?

Dieser Rückblick ist dieses Mal ein „Pandemiejahresvergleich“: Er ist entstanden, als ich eine alte Datei, die nur bis Mai 2022 Daten enthalten hatte, auf den neuesten Stand gebracht habe. Ursprünglich hatte ich dabei die „Wintersaisonen“ 2020/21 und 2021/22 verglichen. Nun habe ich das Ganze auf die Pandemiejahre“ ausgedehnt – diese beginnen immer mit dem 1. März.

Auch hier sind wie immer die Zahlen pro 100.000 EW gerechnet, weil ich nur so die Bundeszahlen und die einzelnen Bundesländer vergleichen kann. Allerdings sind auch die zeitlichen Verläufe interessant, wo es große Unterschiede gibt. Weil das Ganze doch umfangreicher wurde als ich dachte, gibt es im ersten Teil nur die Daten aus Österreich gesamt.

Österreich

Es geht um die vier „Kernaussagen“, die wir seit Beginn immer wieder hören:
Positive, C19-Hospitalisierte im Normalbett, C19-PatientInnen auf der Intensivstation und C19-Todesfälle.

Aktiv Positive

Aktiv Positive sind Menschen, die – aus welchem Grund auch immer – einen PCR-Test gemacht haben bei einer offiziell anerkannten Stelle und deren Test positiv war. Sie bleiben so lange aktiv positiv (oder „abgesondert“), bis die Infektionsabteilung des jeweiligen Bundeslandes sie für genesen erklärt. Das wiederum führt zu seltsamen Phänomenen, da dies je nach Zeitraum und Bundesland SEHR unterschiedlich abläuft.
Zur Erklärung kommt hier zuerst eine Grafik, die NICHT pro 100.000 EW gerechnet ist, sondern die realen Zahlen zeigt. Sie vergleicht die Summe der positiven Tests der letzten 10 Tage mit den Abgesonderten.

“Zu Beginn der COVID-19-Pandemie ging das BMSGPK von einer Inkubationszeit von 14 Tagen aus, weshalb positive COVID-19-Fälle und Kontaktpersonen mit hohem Infektionsrisiko (K1-Kontaktper-sonen) für diesen Zeitraum abgesondert wurden. Aufgrund neuerer medizinischer Erkenntnisse wurde die Dauer der Absonderung im Juli 2020 auf zehn Tage reduziert. 
Nun war es so, dass die Absonderung lange Zeit grundsätzlich 14 Tage dauerte. Das wurde jedoch dann geändert.“

Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und an den Bundesrat 2020

Zuletzt wurde die Absonderungszeit ja dann sogar auf 5 Tage verkürzt. Das heißt, dass anfangs die schwarze Linie der Abgesonderten durchaus höher sein durfte als die rote. Das Ganze sollte sich jedoch gegen Ende umdrehen – was NICHT wirklich der Fall ist, außer zum Höhepunkt der Omikronwelle Mitte März.

Jetzt zur eigentlichen Grafik der Abgesonderten:

Wir sehen hier in grau die Kurve des laufenden dritten Pandemiejahres, blau ist das erste Pandemiejahr und orange das zweite. Wenn wir also nur die positiven Tests anschauen, dann sehen wir folgendes:

  1. Die höchsten Zahlen gab es im März 2022. Mehr als 4.000 Positive pro 100.000 EW täglich gab es dort über einen Zeitraum von 14 Tagen. Auch Jänner 2022 gab es schon ähnlich hohe Zahlen.
  2. Die „Sommerwelle“, von der derzeit immer wieder zu lesen ist, ist erkennbar bei den Abgesonderten. Sie ist zurzeit österreichweit etwa gleich hoch wie die „Frühlingswelle“ im März/April 2021, liegt jedoch klar unter den Herbstwellen und erst recht viel niedriger als die Omikronwellen.
  3. Was ich interessant finde, ist dass genau mit Beginn des dritten Pandemiejahres eine neue, zweite Omikron-Absonderungswelle kam. Sie beginnt GENAU mit Anfang März 2022.
  4. Ebenfalls gut zu erkennen: das zweite Pandemiejahr hatte DURCHGEHEND mehr positiv getestete Personen als das erste und das dritte bisher IMMER mehr als das zweite.

Hospitalisierte (Normalbett)

Nachdem es anfangs nur sporadisch Meldungen gab zum Anteil jener Menschen, die nicht WEGEN sondern nur MIT Covid im Spital lagen, hat seit Beginn des dritten Pandemiejahres (sogar etwas früher schon) zumindest die Krankenanstalten GesmbH in Vorarlberg immer betont, dass etwa 80% der C-19-PatientInnen nur mit Nebendiagnose Covid im Spital liegen.
Wenn wir die Kurven anschauen, sehen wir dies für das laufende dritte Pandemiejahr an den weißen Säulen – die violetten sind die Gesamtzahlen aller Personen, die im Spital lagen und positiv getestet worden sind. Für 2020 gibt es leider erst Zahlen ab 1. April.

Diese Kurven sind ganz anders als die „aktiv Positiven“ oben:

  1. Den höchsten Stand an PatientInnen mit positivem Test gab es im November 2020 während der zweiten Welle: Fast 45 von 100.000 Menschen lagen damals zeitweise positiv getestet in einem Normalbett österreichweit.
  2. Im ersten Pandemiejahr (lila) gab es bei den Hospitalisierungen nur eine Welle bis Ende Februar. Pünktlich mit Beginn des zweiten Jahres der Pandemie (orange) stiegen hier die Zahlen wieder stark an. Das zeigt sich bei den Positiven oben gar nicht so stark und ist vor allem den Bundesländern Burgenland, Wien und NÖ geschuldet.
  3. Der starke Unterbruch in der Omikronwelle rund um Ende Februar/Anfang März zeigt sich bei den Spitalszahlen NICHT.
  4. Die Gesamtzahl der positiven PatientInnen war im dritten Pandemiejahr bereits höher als im zweiten. Allerdings nur dann, wenn eben ALLE positiv getesteten Personen als „wegen Covid im Spital“ bezeichnet. Sobald wir die 80% Nebenbefunde berücksichtigen, war das dritte Pandemiejahr bisher das „mildeste“.

Hospitalisierte (Intensivbett)

Auch hier wieder die Vorbemerkung: Nachdem es anfangs nur sporadisch Meldungen gab zum Anteil jener Menschen, die nicht WEGEN sondern nur MIT Covid im Spital lagen, hat seit Beginn des dritten Pandemiejahres zumindest die Krankenanstalten GesmbH in Vorarlberg immer betont, dass etwa 80% der C-19-PatientInnen nur mit Nebendiagnose Covid im Spital liegen.


Wenn wir die Kurven anschauen, sehen wir dies für das laufende dritte Pandemiejahr an den dunkelroten Säulen – die orangen sind die Gesamtzahlen aller Personen, die auf Intensivstationen lagen und positiv getestet worden sind. Für 2020 gibt es leider erst Zahlen ab 1. April.

Diese Kurven sind ganz durchaus anders als die der Normalbetten:

  1. Den höchsten Stand an PatientInnen mit positivem Test gab es zwar ebenfalls im November 2020 während der zweiten Welle, wo fast 8 Personen pro 100.000 (das sind dann 0,008%) mit positivem Test auf der Intensivstation lagen zeitweise. Allerdings war die Zahl im Dezember 2021 fast gleich hoch und auch die Spitze Mitte April 2021 mit sieben positiv getesteten PatientInnen war nicht viel niedriger im zweiten Pandemiejahr.
  2. Im zweiten Pandemiejahr gab es bei den Intensivbetten im Gegensatz zu den Normalbetten eher nur EINE Welle im Herbst/Winter. Nach Mitte Jänner und vor Mitte Oktober gab es zwei Plateaus mit gleichbleibenden Zahlen, die unter dem Niveau der ersten Welle im April 2020 lagen.
  3. Im dritten Pandemiejahr sind die Zahlen DEUTLICH niedriger als im zweiten Jahr und auch knapp unter denen des ersten.
  4. Wenn wir berücksichtigen, dass auch hier 80% Nebenbefunde vorliegen sollen, war das dritte Pandemiejahr bisher sogar milder als der August 2020 und 2021!

Nachsatz zu den Hospitalisierungen

Ich komme noch einmal zurück auf die Spitalszahlen. Für mich entscheidend sind auch Zahlen wie die in den folgenden Kurven:

Hier sehen wir, wie viele Prozent der positiv Getesteten im Spital liegen. Es ist glasklar erkennbar: Die Zahlen werden von Jahr zu Jahr besser – selbst zu Spitzenzeiten sind die Zahlen des zweiten Jahres kaum höher als die des ersten zu den Zeiten, wo wenig los war. Und auch das dritte Jahr bestätigt diese Tendenz! (Dort ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass 80% nicht WEGEN Covid im Spital liegen!). Auch Omikron ist gut erkennbar an dem Absinken der (pinken) Kurve des zweiten Jahres gegen Ende.

Das gleiche Spiel mit den Intensivbetten: Hier war das zweite Jahr phasenweise etwas höher als das erste, die Spitzenwerte aus der Zeit, als nur wirklich symptomatische Personen getestet wurden im Frühjahr/Frühsommer 2020 wurden jedoch nie mehr erreicht. Über 2% der Abgesonderten lagen jedoch nie im Spital im zweiten Epidemiejahr – im ersten waren es noch mehr als 6%!
Die orangen Säulen des dritten Epidemiejahres erreichen nirgends mehr Werte, die höher als 0,2% der positiv Getesteten liegen! Das ist DREISSIG MAL weniger als im ersten Pandemiejahr!

Zuletzt noch die Kurven, die anzeigen, wie viele Prozent aller C19-Hospitalisierten auf der Intensivstation lagen. Hier zeigt sich ein ganz anderes Bild: Jahr ZWEI war deutlich am „schlimmsten“, bis Omikron kam. Nach dem Jahreswechsel 2021/22 war es dann anders. Dort zeigt sich bei der dunkelblauen Kurve der „Omikron-Effekt“ ganz deutlich. Und da es bei dem Verhältnis zwischen Intensiv- und Normalbetten egal ist, ob viele oder wenige Positive vorhanden sind oder wie viele Tests gemacht wurden, ist das wohl der beste Indikator dafür, dass Omikron die „Gefährlichkeit“ drastisch verringert hat.
Das zeigt sich auch im dritten Jahr, wo die Kurve praktisch konstant unter 10% liegt österreichweit. Vor Omikron war das nur kurz im Sommer 2020 der Fall.

Todesfälle

Ich weiß, dass die Todeszahlen ein „Problem“ darstellen. Nicht erst seit der Umetikettierung von mehr als 3.000 Fällen aus den Jahren 2020 und 2021 im April 2022.
Die hier dargestellten Zahlen beinhalten auch diese „Um-Meldung“ von Verstorbenen, welche ja auf die gesamte Pandemiezeit 2020 und 2021 verteilt waren!

Wenn wir – wie meist üblich, die Kurve mit kumulativen Zahlen darstellen, sieht das ganz so aus:

Das dritte Pandemiejahr verläuft die ersten zwei Monate fast deckungsgleich mit dem zweiten Jahr. Im ersten Jahr gab es anfangs hingegen deutlich weniger Todesfälle an oder mit Covid. Derzeit liegen wir zahlenmäßig näher beim zweiten Jahr als beim ersten.
Gut zu erkennen ist auch, dass sich die Kurven der ersten beiden Jahre im Herbst stark unterscheiden: Während im ersten Jahr die Zahlen ab Ende Oktober stark  ansteigen und das ganze sich eigentlich bis Ende Februar durchzieht, gab es in Jahr zwei bereits im September 2021 ein erstes Ansteigen, das im November stärker wird und im Dezember schon deutlich abflacht.

Wer mich kennt, weiß, dass ich solche Darstellungen wie die obere nicht so sehr mag. Daher gibt’s hier noch eine zweite Kurve mit den Wochen-Zahlen:

Hier ist das Ganze viel besser zu erkennen:

  1. Selbst bei der relativ niedrigen Kurve (Positive, Hospitalisierungen) im ersten Jahr im Frühling gab es um Woche sechs herum einen starken „Gipfel“.
  2. Am höchsten waren die Zahlen in Woche 40 im ersten Pandemiejahr, das war im Dezember 2020: 10,4 Todesfälle pro 100.000 EW waren der Höchstwert in Österreich.
  3. Jahr zwei und Jahr 3 lagen zu Beginn – also Anfang März – praktisch gleichauf. Der Rückgang war im dritten Jahr jedoch deutlich schneller und entspricht seit Woche 7 eher dem ersten Pandemiejahr.

FAZIT

Nur wenn wir auf die Zahlen der positiven Tests schauen scheint die Pandemie nicht vorbei zu sein. Und diese Zahlen beinhalten ein Problem: Mehr als positive Tests sind sie noch nicht. Ob das Virenmaterial aus Resten des Virus, aus abgestorbenen Viren oder aus solchen, die sich vermehren können, besteht, kann meines Wissens ein PCR-Test NICHT bestimmen.
Natürlich beeinflussen die positiven Tests auch die zweite Zahl, die immer wieder ins Spiel gebracht wird: Die Zahl der Menschen in Absonderung. Und beides wird davon beeinflusst, wo sie viel getestet wird. Dass die Wellenbewegungen der Zahlen auch in Ländern, die weit weniger testen ganz ähnlich verlaufen und dass dort auch nicht mehr, sondern oft sogar weniger Todesopfer zu beklagen sind, habe ich anderenorts schon aufgezeigt.

Sobald wir uns die Zahlen anschauen, die anfangs noch die „Parameter“ für die Pandemie waren, zeigt sich sofort, dass spätestens seit Omikron alles anders ist. Weder die Todesfälle noch die Belegungen in den Spitälern geben hier noch massiv Anlass zur Sorge. Vor allem dann nicht, wenn berücksichtigt wird, dass bei sehr vielen positiv Getesteten eben auch viele Menschen im Spital liegen und leider auch versterben, ohne dass Covid der Hauptgrund dafür war oder ist.

Ein “Schmankerl” ist mir bei meiner Recherche noch untergekommen, das ich euch nicht vorenthalten will. In einem Dokument des BM für Gesundheit vom September 2020 ist mir folgender Absatz untergekommen (gefunden habe ich das Dokument bei der österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde):

„Nach derzeitiger Evidenzlage nehmen Kinder unter 10 Jahren, auch wenn selbst infiziert, keine wesentliche Rolle in der Ausbreitung von SARS-CoV-2 ein. Aufgrund der geringen Rolle als Überträger, dem zumeist asymptomatischen Verlauf und aufgrund der Tatsache, dass eine Infektion mit einem anderen Krankheitserreger um ein Vielfaches wahrscheinlicher ist, müssen Kinder unter 10 Jahren mit leichten Symptomen (Konjunktivitis, Otitis oder Atemwegssymptome wie akute Rhinitis, Husten oder Pharyngitis, jeweils ohne Fieber) nicht in jedem Fall getestet werden.“

BM für Gesundheit: Empfehlungen für die Gesundheitsbehörden im Umgang mit SARS-CoV-2-Infektionen im Kindes- und Jugendalter, Stand: 14. September 2020

Wäre es nicht schön, wenn dieses „Wissen“ auch im Herbst 2022 dazu führen könnte, dass bei uns so wie in Skandinavien die Kinder und auch die Jugendlichen in Ruhe gelassen werden?