2 Jahre und 7 Monate – eine Bilanz

Vorbemerkung

Die Daten der AGES gehen zurück bis zum 29. Februar 2020 – das heißt, dass morgen, am 29. September 2022, der zweite Monat der zweiten Hälfte des dritten Coronajahres beginnt.

Zeit, sich die Zahlen wieder einmal anzuschauen im Vergleich und aktualisiert. Wie immer sind die zahlen wann immer möglich auf 100.000 EW berechnet, um sie vergleichbar zu machen. Die Quellen sind in den Grafiken angegeben.

WICHTIG: Ich teile die Jahre NICHT nach Kalenderjahren, sondern beginne immer Anfang März und das „Corona-Jahr“ endet im Februar des Folgejahres!

Die Jahresverläufe

Zuerst schauen wir uns an, wie die Kurven pro Kalenderwoche und 100.000 EW im Vergleich der letzten zweieinhalb Jahre aussehen.

Fälle

Die „Fälle“ sind laut AGES jene Personen, die einen positiven PCR-Test hatten und noch nicht als Genesene geführt werden. Früher wurden sie auch „Abgesonderte“ genannt, inzwischen sind das die „Verkehrsbeschränkten“.

Wir sehen, dass das 3. Covid-Jahr hier IMMER höher liegt als die ersten beiden. Während die erste Omikronwelle noch zum Jahr 2 zählt, war die höchste Welle (Omikron 2) bereits im laufenden Covid-Jahr. Es gab auch noch nie nur annähernd so hohe Zahlen im Sommer. Auch der laufende Herbst hat bisher DEUTLICH mehr „Fälle“ aufzuweisen als die beiden bisherigen Jahre – der Anstieg, der jeden Herbst kam, erfolgte auch noch nie so früh!
Rechts sehen wir die Gesamtzahlen: Obwohl das dritte Coronajahr erst 7 Monate alt ist, hatten wir bereits mehr Fälle als im zweiten und etwa FÜNF MAL so viele Positive, wie im ersten Jahr der Pandemie!

Tests

Die „Tests“ beinhalten alle amtlich erfassten Tests, die gemacht wurden. NICHT mit dabei sind die Tests, die in den Schulen gemacht worden sind oder die so genannten „Wohnzimmertests“!

Es ist gut zu erkennen, dass wir nicht mehr so EXTREM viel testen wie noch im zweiten Jahr der Pandemie. Waren es in der fünften Woche des laufenden Pandemiejahres noch fast 50.000 Tests pro 100.000 EW, so liegen wir derzeit bei knapp unter 6.000 – das heißt die Zahl entspricht immer noch 6% aller EW! Im Vergleich dazu macht die Schweiz derzeit etwa 280 Tests pro Woche und 100.000 EW und dort waren es auch nie mehr als 10.000. Anders gesagt: Wir testen derzeit etwa zwanzig Mal so viel wie die Schweiz!
Rechts sehen wir die Gesamtzahlen: Obwohl das dritte Coronajahr erst 7 Monate alt ist, hatten wir bereits zweieinhalb Mal so viele Tests wie im gesamten ersten Jahr. Vom Jahr 2 sind wir jedoch zum Glück WEIT entfernt!

Normalbetten-Belegung

Bei den Normalbetten erfasst die AGES weiterhin ALLE PatientInnen, die im Spital liegen und positiv auf C19 getestet werden und wurden. Dabei gibt es nun ein Covid-Register in Österreich, das uns sagt, dass über den GESAMTEN Pandemiezeitraum nur 47% aller C19-PatientInnen WEGEN Covid aufgenommen wurden. Derzeit sind es sogar nur 22 Prozent!

Vor dem Hintergrund, dass die Zahl der PatientInnen, die nur mit Nebendiagnose Covid im Spital liegen, zugenommen hat, relativieren sich die Zahlen wohl. Den Kurven nach ist es jedoch so, dass es in den ersten zwei Jahren nie mehr positiv auf C19 Getestete unter den PatientInnen im Spital gab als im laufenden Jahr. Interessant wird diese Zahl, wenn wir in die Wochen Ende Oktober bis Mitte Jänner kommen, wo die Zahlen bisher immer am höchsten waren je Pandemiejahr (Woche 38 bis Woche 46).
Im Jahressummen-Vergleich (rechts) liegen wir nach 7 Monaten noch knapp hinter den ersten beiden Jahren zurück.

Intensivbetten-Belegung

Auch bei den Intensivbetten erfasst die AGES weiterhin ALLE PatientInnen, die im Spital liegen und positiv auf C19 getestet werden und wurden. Dabei gibt es nun ein Covid-Register in Österreich, das uns sagt, dass über den GESAMTEN Pandemiezeitraum nur 24 bzw. 25% aller C19-Intensiv-PatientInnen primär WEGEN Covid dort behandelt wurden. Derzeit sind es sogar nur 12 bzw. 25 Prozent! Dieses „bzw“ gibt es darum, weil das Covid-Register zwischen „ICU“ und ICMU“ unterscheidet. Was ist das?

In vielen Spitälern gibt es sogenannte Intermediate Care Units (IMCU). Sie werden auch Überwachungsstationen genannt und sind das Bindeglied zwischen der Intensivstation und der Normalstation. Auf einer IMCU können bestimmte Organfunktionen weiterhin überwacht werden.

Quelle: https://www.gesundheit.gv.at/gesundheitsleistungen/krankenhausaufenthalt/intensivmedizin.html

Den Kurven nach ist es so, dass es in den ersten Wochen des dritten Pandemiejahres DEUTLICH weniger Fälle gab im Spital – Im Sommer hingegen waren es so viele wie nie zuvor. Derzeit ist die Zahl wieder niedriger als in den beiden ersten Pandemiejahren. Der Unterschied zwischen den laufenden Tagen/Wochen und dem Gesamtschnitt in Sachen „WEGEN oder MIT“ ist hier nicht so gravierend wie bei den PatientInnen im Normalbett.
Im Jahressummen-Vergleich (rechts) liegen wir nach 7 Monaten GANZ WEIT hinter den ersten beiden Jahren zurück! Es fehlen jedoch auch noch die Wochen, in denen die Zahlen in den ersten beiden Jahren bei weitem am höchsten waren.

Todesfälle

Inzwischen weiß glaube ich jeder, dass auch bei den Todesfällen nicht zwischen „WEGEN“ und „MIT Covid“ unterschieden wird. Im Gegenteil: Der jüngste Todesfall in Vorarlberg zum Beispiel betraf eine Frau von mindestens 85 Jahren, die zum Zeitpunkt des Todes bereits wieder als „genesen“ geführt worden ist. Das kann ich anhand der Zahlend es Dashboards erkennen und das widerspricht eigentlich der Definition der WHO, dass nur Menschen, die nicht „zwischenzeitlich genesen“ sind, als C19.Todesfälle geführt werden dürfen. Wir müssen jedoch mit den offiziellen Zahlen vorliebnehmen.  Diese sehen so aus:

Derzeit liegen wir – zum ersten Mal in diesem Pandemiejahr – unter den Werten der ersten beiden Jahre zurück. Waren es in der fünfen Woche des 3. Jahres noch 3,1 Todesfälle an oder mit Covid pro 100.000 EW, so sind es in der letzten verfügbaren Woche nur 0,3 – also ein Zehntel davon. Allerdings kommt jetzt die Zeit, wo der Anstieg der Zahlen beginnen wird wie jedes Jahr – spätestens in 6 oder sieben Wochen ist es soweit. Was auffällig ist: Im Sommer gab es in diesem Pandemiejahr sehr hohe Zahlen. Auch das zeigt wieder, dass hier nicht zwischen an Covid verstorben und „nach einem positiven Test an einer anderen Todesursache“ verstorben unterschieden wird.

Die WELLEN-Vergleiche

Schauen wir uns auch noch die verschiedenen Wellen an: Ich habe immer die elf „Kernwochen“ einer Welle zum Vergleich mit den anderen herangezogen.

Tests

Nie wurde mehr getestet als während der Omikronwelle im Frühjahr 2022 – etwa 5 Tests PRO EINWOHNER wurden damals gemacht. Nach der Welle drei im Frühjahr 2021 und der Delta-Welle im Herbst 2021 folgt die Sommerwelle 2022, wo die Testzahlen immer noch ca. 78,5% der EinwohnerInnen entsprachen.

Wenn es um die positiven Tests unter allen gemachten Tests geht, dann ist klar die zweite Welle im Herbst 2020 vorne. Etwa jeder sechste Test war damals positiv. Danach folgt die Sommerwelle 2022 mit etwa halb so vielen positiven Tests.

Wenn wir die Positiven auf die Einwohner umlegen (also alle, nicht nur die Getesteten), dann wurde zu Zeiten von Omikron etwas mehr als jeder vierte EW positiv getestet. Danach folgt der Sommer 2022, wo es immerhin noch jeder 15. War – im Herbst letzten Jahres war es etwa jede 18. Person.

Die Spitäler

Wie schon oben erwähnt gibt es jetzt ein offizielles Covid-Register, das die Zahlen eigentlich in ein anderes Licht rückt – leider wird das vielerorts nicht „bemerkt“. Auch ohne diese Relativierung (leider sind auch die AGES-Zahlen nicht dadurch geändert worden) sieht es so aus:

Wir sehen, dass – mit Ausnahme der Sommerwelle 2022 – jede Welle noch „harmloser“ wurde, was die Spitalsbelegung betrifft. Waren es im März/April 2020 noch fast ein Drittel aller Positiven, die im Spital lagen, so waren es bei Omikron nur mehr 1 von 106 Personen!

Wenn wir die Sache pro EW betrachten, dann gab es in der zweiten Welle am meisten positiv getestete PatientInnen. Danach folgen Omikron und Delta.

Bei den Intensivbetten (ICU und IMCU) ist es etwas anders. Da fällt die dritte Welle aus dem Rahmen. Trotzdem waren es in den ersten Wochen der Pandemie noch einer von 8 positiv Getesteten, der auf der Intensivstation lag und dann bei Omikron nur mehr eine von 1.111 positiv getesteten Personen – und von diesen wurden wiederum mindestens drei Viertel nicht WEGEN Covid dort aufgenommen. So gesehen war es dann nur mehr eine von 4.600 positiv getesteten Personen.

Interessanterweise unterscheiden sich auch die Zahlen pro 100.000 EW stark von denen, die auf die positiven Fälle berechnet sind:
Hier war ganz eindeutig Welle zwei die „schlimmste“, danach gingen die Zahlen jedoch kaum zurück bis Omikron, das in etwa am Niveau der ersten Welle lag. Die „Sommerwelle“ ist hier EIDNEUTIG die mit den wenigsten Fällen auf der Intensivstation.

Todesfälle

Leider gibt es kein Covid-Register für die Todesfälle – dort werden weiterhin ohne Zahlen oder Unterscheidung alle Menschen zusammengezählt, die nach einem positiven Test auch an ganz anderen Todesursachen versterben. Trotzdem zeigt ein Blick auf die Zahlen eindeutig Positives:

Covid wurde von Welle zu Welle weniger gefährlich. Anfangs starb noch eine von 23 positiv getesteten Personen – Am Schluss war es nur mehr eine von 1.000 – das heißt, die Wellen fünf und sechs waren so gesehen etwa 44-mal weniger gefährlich als die erste, die noch doppelt so gefährlich war wie die zweite.

Ein Blick auf die Todesfälle pro EW zeigt, dass nach der zweiten Welle die Delta-Welle am meisten offizielle C19-Todesfälle aufzuweisen hatte und die Sommerwelle 2022 noch etwas weniger als die erste Welle.

Bundesländervergleiche

Sehen wir uns die Zahlen der Bundesländer im Vergleich an. Ich habe hier nur die Zahlen bis zur laufenden Woche mit einbezogen – das heißt ALLE JAHRE sind so dargestellt, dass wir nur die Zahlen von Anfang März bis Ende September sehen!

Todesfälle

Beginnen wir hier doch einmal mit den Todesfällen: Zuerst sehen wir eine Aufstellung, wie viele der Todesfälle in diesem Zeitraum (bis Ende September) auf die einzelnen Jahre entfallen. Zuerst folgt hier noch die Aufstellung von ganz Österreich:

Wir erkennen, dass etwa gleich viele Todesfälle von Anfang März bis Ende September auf das zweite und dritte Jahr der Pandemie fallen, im ersten waren es bis zu diesem Zeitpunkt noch DEUTLICH weniger.

So sehen die „Kuchenstücke“ für die Bundesländer aus. Wir erkennen sofort, welches Bundesland von der ersten Welle im Frühjahr 2020 am meisten betroffen war: in Tirol verteilen sich die Todesfälle sehr gleichmäßig auf alle drei Jahre. Nur in der Steiermark, Vorarlberg, Wien und Salzburg waren es zwischen 10 und 19 Prozent, sonst überall weniger.

Wenn wir die Zahlen nun pro 100.000 EW berechnet vergleich in allen Bundesländern von Anfang März bis Ende September, sehen wir, dass im ersten Jahr die Steiermark, im zweiten Jahr Niederösterreich und im dritten Jahr Wien die meisten Todesfälle gemeldet hat. Am wenigsten waren es – mit Ausnahme des zweiten Jahres (Tirol) – in Vorarlberg.

Die Spitäler

Bitte nicht vergessen: Nur etwa ein Viertel der IntensivpatientInnen und etwa die Hälfte aller Normalbetten-PatientInnen mit positivem Test wurden mit Hauptdiagnose Covid aufgenommen und entlassen!

Bei den Normalbetten sehen wir deutlich, dass das dritte Pandemiejahr überall die höchsten Zahlen aufweist. Allerdings gab es in Vorarlberg nur 5,6 PatientInnen pro 100.000 EW, im Burgenland waren es mit 12,3 mehr als doppelt so viele.

Bei den Intensivbetten war das zweite Pandemiejahr überall „schlimmer“ als das erste in den Wochen von März bis Ende September. Während es in Salzburg gerade einmal 0,2 pro 100.000 EW waren, die mit einem positiven Test auf der Intensivstation lagen, so waren es im Burgenland mit 1,2 pro 100.000 EW sechs Mal so viele! Wien liegt hier übrigens wie bei den Normalbetten an zweiter Stelle und hält auch den „Rekord“ mit 2,7 pro 100.000 EW im zweiten Pandemiejahr.

Die Tests

In ALLEN Bundesländern außer Wien wurde im vergangenen Pandemiejahr mehr getestet als im laufenden (seit Anfang März!). Nur im Burgenland und vor allem in Niederösterreich wird so viel getestet, dass es bereits mehr als 200% der Bevölkerung entspricht. Am wenigsten testete bisher Kärnten – dort entsprachen die durchgeführten Tests nicht ganz 100% der Bevölkerung.

Die Positiven

Die Zahlen des laufenden Jahres von März bis September sprengen natürlich die Werte im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Jahren, wo der Großteil der Fälle im Herbst verzeichnet wurde oder noch vor Anfang März.

Am meisten positiv Getestete gab es allerdings NICHT bei den Test-Staatsmeistern in Wien, sondern in NÖ – und auch im Burgenland liegen die Zahlen nicht weit hinter Wien zurück. Selbst in Kärnten, dem Bundesland mit den wenigsten Positiven, liegen die Zahlen bei etwa 61% von denen des Burgenlandes, obwohl in Kärnten nur etwa 28% der Tests gemacht wurden im Vergleich!

FAZIT

Selbst ich, der ich mich so viel mit den Zahlen beschäftige, war überrascht, dass es so viele PatientInnen sind, die als „Covid-PatientInnen“ geführt werden, obwohl sie eigentlich keine sind. Das wäre in etwa so, als würde ich alle, die in den letzten Tagen vor der Aufnahme geraucht oder Alkohol getrunken haben, als Raucher- oder Alkohol-PatientInnen bezeichnen. In Wirklichkeit sind zumindest jeder zweite im Normalbett und drei von vier auf der Intensivstation nur PatientInnen, die – mit einem anderen Aufnahmegrund – „nur“ positiv getestet worden. Verstorben sind übrigens (hier aber wieder von ALLEN, also auch denen, die nicht „wegen“ Covid aufgenommen wurden!) eine von etwa 17 Personen im Normalbett und eine von vier (ICU) bzw. sieben (ICMU) Personen auf der Intensivstation.

Ansonsten zeigt sich bei den Zahlen, dass – zum Glück – die Wellen grundsätzlich immer ungefährlicher wurden und auch, dass viel Testen nicht unbedingt viele Fälle bedeuten muss – und umgekehrt ein „Mehr“ an Fällen nicht auf fleißiges Testen zurückgeführt werden kann.

Eine Grafik noch zum Abschluss, weil heute Mittwoch ist: Der Dienstag ist IMMER NOCH der Tag mit den höchsten Werten – es gibt also sicher heute und gab auch gestern wieder viele „Schlag-Zeilen“ dazu. Ich selbst habe solche zB im Radio gehört bei den Nachrichten.