Heiße Tage in Wien – historisch

Wien, Wien, nur du allein… hast Zahlen zu den Temperaturen, die bis zum 2. April 1775 zurück reichen – damals war Napoleon noch keine sechs Jahre alt und es dauerte noch 30 Jahre, bis er mit seinen Truppen in Wien einmarschierte und einige Tage in Schloss Schönbrunn wohnte.

Ich wollte mir, angesichts der vielen Schlagzeilen über die Hitzewellen einmal die Daten aus Wien ansehen zu den heißesten Tagen. Da es bis vor wenigen Jahren noch kein ausgewiesenes „Temperaturmittel“ gab, musste ich die Messdaten von 14 Uhr nehmen.

Auf dieser Grafik sind alle von der Zentralanstalt für Metereologie und Geodynamik erfassten Tage zu sehen, an denen es in Wien mindestens 30 Grad oder mehr hatte. Es sind immerhin 1.675!

Davon liegen vor 1899 – das ist die Hälfte der 248 Jahre an Messdaten – 912 solcher Tage – das heißt, dass etwas 54,5% aller Tage mit Temperaturen ab 30 Grad schon in der ersten Hälfte der Messdaten zu finden sind. 547 aller „Hitzetage“ lagen in den letzten 50 Jahren. Das heißt 32% aller heißen Tage liegen in den letzten 20 Prozent der Messjahre. Wenn wir das mit einem 50-Jahres-Zeitraum ab 1788 oder auch ab 1822 vergleichen, so waren es damals in 50 Jahren nur 100 Hitzetage weniger als in den letzten 50 Jahren.

In der ersten Hälfte der Messdaten fehlen zudem die Aufzeichnungen für 367 Tage – das heißt es kann durchaus sein, dass in diesem Zeitraum noch einige Hitzetage fehlen.

Interessantes Detail am Rande: Seit 14. Juli 2022 – also fast genau ein Jahr lang – gab es keinen Tag mehr, an dem an der Mess-Station „Hohe Warte“ in Wien mehr als 30 Grad gemessen wurden um 14 Uhr!

Der heißeste dort je um diese Uhrzeit gemessene Wert waren 38,1 Grad am 26. Juli 1822, der zweithöchste Wert stammt vom 8. Juli 1957 mit genau 38 Grad. Vier der sieben heißesten Tage stammen aus den letzten 23 Jahren.

Noch heißere Tage

Wenn wir uns nur die Tage ansehen, an denen es über 33 Grad hatte, sieht das Ganze so aus. Nur 284 Mal kletterte die Quecksilbersäule (früher, heute gibt es wohl kaum mehr Quecksilber in Thermometern) auf mindestens 33 Grad. Allerdings waren auch hier wieder fast die Hälfte dieser Tage schon vor 1899 zu finden. Dann folgten 75 Jahre, in denen es kaum so heiße Tage gab – und in den letzten 50 Jahren folgten dann fast gleich viele so heiße Tage wie in den ersten 124 der Mess-Aufzeichnungen.

Ebenfalls interessant in dem Zusammenhang ist die Lage der Mess-Station. Bei der „Hohen Warte“ gibt es öffentlich zugängliche Luftaufnahmen der Stadt Wien, die die Entwicklung seit 1938 dokumentieren. Sie zeigen, dass auch hier, eher am Stadtrand von Wien, viele damals noch unverbauten oder landwirtschaftlich genutzten Flächen inzwischen verbaut sind. Allerdings ist die Gegend unmittelbar bei der Mess-Station noch ziemlich „grün“ geblieben, was sicher für viele andere Mess-Stellen nicht zutrifft.

Fazit

Ohne Zweifel gab es in den letzten 50 Jahren viele „heiße Tage“ in Wien. Wenn wir jedoch die historischen Daten anschauen, die es für die Hohe Warte gibt, dann gab es ähnlich warme Zeiten auch schon zu Zeiten Napoleons – wie viel damals rund um die Hohe Warte noch Wald- oder Grünflächen waren, können wir leider nicht mit Luftaufnahmen belegen… *grins*
Dass es in den letzten 125 Jahren zuerst DEUTLICH weniger heiße Tage gab und zuletzt viel mehr, ist ebenfalls gut zu erkennen. Und dass die besonders heißen Tage an dieser Mess-Station zugenommen haben, zeigen die 14-Uhr-Messdaten ebenfalls.
Interessant wären nun Vergleichsdaten geographisch nahe beieinander liegender Mess-Stationen, bei denen eine in einem Waldgebiet liegt und eine in einer urbanen Gegend. Denn hier spielt der Mensch mit Sicherheit eine große Rolle, wenn es um „Hitzetage“ geht – dazu brauchen wir nur an heißen Tagen in einen Wald zu gehen…
Eine Bemerkung sei mir noch erlaubt: Bodentemperaturen (also Oberflächenwerte) als „Hitzewerte“ heranzuziehen, ohne zu erwähnen, dass diese sich stark von der sonst verwendeten Luft-Temperatur stark unterscheiden, halte ich für unlauter. So zeigen etwa diese Daten aus Stuttgart vom Juli 2023, dass die Bodentemperatur in 5 Zentimetern Tiefe um etwa 5 Grad über der (in 2 Metern Höhe gemessenen) Lufttemperatur liegen. Am Flughafen Nürnberg waren es sogar über 42 Grad – anstatt der 35 Grad Luft-Temperatur.
So darüber zu berichten erinnert mich frapant an manche Schlagzeilen und Berichte der letzten drei Jahre in anderen Bereichen…