Eine Kriminalgeschichte – Versuch einer Ursachenforschung

Vorbemerkung

Nächste Woche wird die Maskenpflicht wieder eingeführt. Wegen der steigenden Zahlen und der schlechten Prognosen. Ich kann keine Prognosen machen. Allerdings kann ich bestehende Daten anschauen und versuchen auszuwerten. Das mache ich hier.

Die Datenquellen, die ich für diese Zahlen verwendet habe, sind alle von der AGES. Einerseits stammen sie von den Dateien, wo es um die „Impfdurchbrüche“ geht, andererseits vom Dashboard. (Quellen-URLs: https://wissenaktuell.ages.at/symptomatische-faelle-nach-kategorie-des-vermuteten-immunschutzes/ und https://covid19-dashboard.ages.at/dashboard.html)

Die Ausgangssituation

Schauen wir uns zuerst an, wie viele „Fälle“ (=positiv Getestete) es in Summe bisher gab und gibt in Österreich seit dem 3.12.2021 – falls sich jemand über das Datum wundert: Es ist nicht von mir „zufällig“ gewählt, sondern es gibt seit diesem Datum Berichte der AGES zum Thema „Symptomatische Fälle nach Kategorie des vermuteten Immunschutzes“.
Warum gerade die Menschen ab 12 Jahren ausgewählt wurden, erschließt sich mir nicht. Einerseits gibt es sonst immer Altersgruppen von unter 5 Jahren und dann in Zehnergruppen wie zB 5-14 Jahre. Andererseits dürfen in Österreich Menschen ab 5 Jahren geimpft werden. Aber ich muss das nicht verstehen, ich kann jedoch versuchen es darzustellen.
Weiters versteckt die AGES die Wochen-Werte immer in Gruppen von 6 Wochen (die bei der letzten Datei in der Tabelle sogar falsch beschriftet ist und dort – im Gegensatz zum Text – plötzlich sieben Wochen enthalten soll). Diese kann ich jedoch herausrechnen. Ich habe also die Wochen-Werte pro Kalenderwoche berechnet.

Es fällt sofort auf: Es gibt einen starken Anstieg der gesamten Fälle (blaue Linie) – dieser beginnt ca. Mitte Jänner. Was auch auffällt, ist ein weniger starker Anstieg bei den symptomatischen Fällen (orange Linie). Weiters gibt es einen gute erkennbaren „Knick“ in der Verteilung der symptomatischen auf Menschen mit „keinem oder unzureichendem Schutz“ (so nennt die AGES alle Ungeimpften und solche, bei denen entweder die Genesung oder die letzte Impfung schon „zu lange“ her ist) bzw. mit „ausreichendem Schutz“ (das sind alle, die in den letzten 6 Monaten genesen sind oder die über ein „aktives Impfzertifikat“ verfügen).

In der Folge schauen wir uns das etwas genauer an:

Die Wochen im Einzelnen

Hier sehen wir nun das Ganze auf die einzelnen Wochen aufgeteilt – das sieht gleich ganz anders aus – es fehlen jedoch die letzten zwei Wochen (mehr dazu weiter unten!).

Es geht mir hier darum, dass wir noch einmal sehen, dass der „Unterschied“ zwischen allen Fällen ab 12 Jahren und den „Symptomatischen“ nicht immer gleich ist.

Die Asymptomatischen

Schauen wir uns doch einmal die „Asymptomatischen“ genauer an. Daher hier eine Darstellung, die uns zeigt, wie viele Prozent aller Fälle pro Woche unter die Kategorie „Asymptomatische“ fallen laut AGES:

Wir sehen, dass der Anteil bis zur KW 51 zwischen knapp 20% (KW 49) und knapp 30% (KW 46) schwankte, dann sprunghaft anstieg auf bis zu 45% in der KW 2. Kurz vor dem bisherigen Höhepunkt der neuen Fälle in der „Omikronwelle“ beginnt er wieder zu sinken – wobei vor allem die letzte verfügbare Woche ins Auge sticht, wo der Anteil auf 23,69% gesunken ist von 34,52% in der Vorwoche. Das heißt: Wir haben seit der KW 9 wieder einen ähnlichen Anteil an Asymptomatischen wie vor KW 51.

Die Wochen im Einzelnen bis heute

Hier noch einmal die gesamten Fälle, mit zwei wichtigen Ergänzungen: Und fehlen bei den AGES-Berichten die vergangene KW 10 und die laufende Woche, die sind noch nicht erfasst. Daher habe ich hier die AGES-Daten aus dem Dashboard herangezogen und die KW 10 mit aufgenommen und die Daten der KW 11 hochgerechnet. Die rote Linie zeigt uns alle Fälle, die im Lauf dieser Wochen dazu gekommen sind. Die gestrichelte Linie zeigt dabei die Menschen ab 15 Jahren an – Daten ab 12 Jahren (siehe oben) habe ich leider nicht.

Wir sehen, dass die Zahlen (rote Linien) in den letzten zwei Wochen sprunghaft angestiegen sind. Ich habe nun die „Öffnungsschritte“ mit eingetragen (grüne Linien). WENN es einen Einfluss der Öffnungsschritte auf den Anstieg der Zahlen gab, dann kann der meiner Meinung nach NICHT von der Öffnung am 5. März stammen – vor allem, weil sich die Zahlen ja nicht SOFORT mit den Öffnungen erhöhen können, sondern frühestens ein paar Tage versetzt. Der Anstieg der Kurve erfolgte eher zu der Zeit, als aus 2G überall 3G wurde. Allerdings: Es wurde ja nicht ÜBERALL aus 2G gleich 3G. In Wien war dem nicht so – schauen wir uns das einmal an!

Die neuen Positiven in den Bundesländern

Hier sehen wir die Kurve ab Jahresbeginn zu den neuen Positiven im 7-Tages-Schnitt. Ich habe bewusst diesen Schnitt dargestellt, weil die einzelnen Tage so unterschiedliche Ergebnisse zeigen jede Woche (wer bei mir mitliest, weiß, dass es IMMER am Dienstag und Mittwoch die höchsten Zahlen gibt und dann auch immer prompt die entsprechenden „Warnungen“ und „Schlagzeilen“). Natürlich sind diese Werte immer pro 100.000 EW dargestellt, damit die BL miteinander verglichen werden können.

Wir interessieren uns jetzt ja vor allem für Wien im Vergleich zu den anderen Bundesländern (im Österreich-Schnitt ist Wien ja immer mit dabei und wirkt sich als bevölkerungsstärkstes Bundesland am meisten aus).
Und da zeigt sich tatsächlich, dass die Linie von Wien (blau gestrichelt) zuerst ÜBER dem Schnitt Österreichs liegt und dann darunter absinkt. Wenn wir jedoch genauer hinschauen, passiert das bereits am 5. Februar – also zwei Wochen BEVOR aus dem allgemeinen 2G ein 3G wurde und 4 Wochen vor der Abschaffung der Maskenpflicht in vielen Bereichen.
Auch die Kurve von Tirol (dunkelblau) deutet darauf hin, dass es nicht unbedingt einen Zusammenhang geben muss zwischen 3G und 2G: Waren die Tiroler lange ganz vorne mit den Werten, so ist deren Kurve seit Anfang März plötzlich im Vergleich zum Bundesschnitt stark abgesunken und jetzt zusammen mit Kärnten ganz unten zu finden – sogar unter der Kurve von Wien.

Ein genauer Blick auf die Bundesländer

Nehmen wir uns die Zeit und schauen uns die Daten aus den Bundesländern noch genauer an. Die Daten hier stammen aus den Daten, wo die AGES die Altersgruppen separat darstellt – sie sind die genauesten Werte, die ich darum auch immer bei meinen Daten mit einbeziehe.

Zuerst noch einmal die „neuen Fälle“ im 7-Tages-Schnitt und pro 100.000 EW. Es zeigt sich das gleiche Bild wie vorher, mit einem wichtigen Unterschied: Ganz am Schluss SINKEN die Kurven ALLE wieder. Alle? Nein, die von Wien, Burgenland und OÖ nicht. Darum ist die Österreich-Kurve auch nur ganz leicht am Sinken zur Zeit.

Jetzt ein Blick auf die „aktiven Fälle“ – also die Abgesonderten in Österreich. Und hier sehen wir etwas sehr Merkwürdiges. Wie auch schon in der Vergangenheit dürfte hier bei Wien etwas nicht stimmen. Während zum Höhepunkt der „ersten Omikron-Welle“ in Vorarlberg mit etwa 4.000 Abgesonderten pro 100.000 EW fast 4% der höchste Wert aller Bundesländer war, gab es zum gleichen Zeitpunkt in Wien fast 8.000 Fälle pro 100.000 – das wären fast 8% aller EW!
Seit wenigen Tage ist Wien wieder beim Österreich-Schnitt zurück – allerdings steigt die Kurve auch hier wieder gleich stark wie bei den anderen Bundesländern.

Zuletzt noch ein Blick auf die Todesfälle in den Bundesländern: Hier liegt Wien eigentlich immer über dem Bundesschnitt. Tirol ist wieder ganz unten zu finden, dann folgen NÖ und Vorarlberg, die bei den Abgesonderten und den neuen Fällen ganz oben liegen.

Zurück zu den Wurzeln

Lassen wir die Bundesländer wieder außen vor uns wenden uns einem anderen Thema zu, das bei den AGES-Berichten ebenfalls dargestellt wird (allerdings nicht in den einzelnen Wochen, diese habe ich daraus errechnet). Wie sieht es aus, was den Anteil der Menschen mit „ausreichendem Schutz“ laut Definition der AGES (siehe oben) und „nicht/unzureichendem Schutz“ betrifft:

Die „Unzureichenden“

Zuerst ein Blick auf den Anteil der nicht oder unzureichend Geschützten unter den Symptomatischen ab 12 Jahren:

Wir sehen, dass der höchste Anteil in der KW 50 bei 74,22% lag – das heißt, damals waren fast drei Viertel aller symptomatischen Fälle ab 12 Jahren entweder nicht geimpft oder die Impfung bzw. Genesung war schon „länger als erlaubt“ zurück. Wir sehen auch, dass in der KW 7 etwas mit den Daten nicht gestimmt haben kann, denn einen Minusanteil sollte es eigentlich nicht geben. Die KW 5 war die Woche von 31. Jänner bis 6. Februar. Was da los war, weiß ich nicht. Fakt ist, dass der Anteil an den Symptomatischen aus dieser Gruppe inzwischen auf knapp über 20% gesunken ist – das sind deutlich WENIGER, als der Anteil aller Menschen in Österreich, die derzeit kein aktives Impfzertifikat haben (30,65% aller EW bzw. 27,15% aller „impfbaren“ Menschen).

Die „Ausreichenden“

Unter denen, die derzeit ein „aktives Impfzertifikat“ haben oder die in den letzten 6 Monaten genesen sind, ist der Anteil an den Symptomatischen wie folgt:

Wir sehen zwei Auffälligkeiten: Erstens gibt es eine Woche mit einem Wert über 100% – das ist so nicht möglich und kann nur durch einen „Nachtrag“ erklärt werden. Wenn wir diese rot umrandeten Säule ab dem Bereich, wo sie über die Trendlinie hinaus geht auf die vier Wochen davor verteilen, kommt das ziemlich gut hin.
Das zweite das auffällt, ist der extreme Anstieg des Anteils. Waren es in KW 50 gerade einmal 24% aller Symptomatischen ab 12 Jahren, die „ausreichend geschützt“ waren, so sind es zuletzt fast 80% aller Fälle! Das mit „dem Anstieg der Geimpften“ erklären zu wollen, ist natürlich Unsinn. Denn die Impfquote in Österreich ist eher rückläufig als ansteigend, wie wir den Daten der „Impfdashboards“ entnehmen können. Das heißt, es fallen mehr Menschen aus den Zahlen heraus, weil sie keine weitere fürs Zertifikat nötige Impfung holen als es Menschen gibt, die sich überhaupt zum ersten Mal impfen lassen.

FAZIT

In Österreich sind – siehe letzte Grafik – derzeit 79,78% aller Symptomatischen aus der Gruppe der Menschen, die als „ausreichend geschützt“ gelten per Definition der AGES. Das alleine hört sich schon schräg an, oder? Es gibt in den Dateien der AGES noch weitere Analysen. Diese zeigen, dass unter den „ausreichend Geschützten“ die 14-Tages-Inzidenz bei all jenen, die bereits einmal „natürlich infiziert“ waren, um etwa 4 Mal besser ist als bei denen, die „Geboosterte“ sind. Gegenüber den zweifach Geimpften liegt ist die Inzidenz sogar um 5,5 (2. Impfung maximal 4 Monate zurück) bis 7 Mal (2. Impfung zwischen 4 und 6 Monate zurück) niedriger.
Was ich schade finde, ist das Vermischen der Menschen, die „nur Genesene“ sind mit allen, die sowohl genesen als auch geimpft sind. Da hat die AGES nun einen Bericht, wo alles mögliche genau aufgelistet wird – auf die Unterscheidung zwischen „ungeimpft Genesenen“ und „geimpften Genesenen“ wird aber leider verzichtet.

Wenn wir die Zahlen nun auch für Vorarlberg so annehmen (was nicht genau stimmt), würde das bedeuten: In Vorarlberg gibt es derzeit etwa 65% mit einem aktiven Impfzertifikat. In Österreich sind derzeit fast 80% aller symptomatischen Menschen „ausreichend geschützt“ – ein -leider unbekannter – Teil davon sind Menschen, die in den letzten 6 Monaten genesen sind und „reinfiziert“ (insgesamt betrifft das seit Beginn der Pandemie 50.000 Menschen in Ö).
In Vorarlberg sind mit Stand gestern 71,7% aller C19-SpitalspatientInnen „vollständig Immunisierte“ und 75% aller IntensivpatientInnen mit positivem Test auf C19.

Rein auf die Zahlen betrachtet bedeutet das: Derzeit gibt es überhaupt keinen Schutz für vollständig Geimpfte, symptomatisch zu erkranken – im Gegenteil! Auch (auf Vorarlberg bezogen, sonst gibt’s leider keine Daten) vor einem Krankenhausaufenthalt und der Notwendigkeit auf der Intensivstation betreut zu werden schützt die vollständige Impfung nicht. Was sein könnte (die Zahlen dazu fehlen mir leider) ist ein gewisser Schutz für Symptomatische, dass sie nicht ins Krankenhaus müssen (der Anteil unter den Symptomatischen ist höher als der in den Krankenhäusern).