Sterben wir aus?

Die Antwort auf meine provokante Frage als Überschrift ist: Ja, mit Sicherheit. Ich bin überzeugt davon, dass die Menschheit irgendwann aussterben wird. WANN ist eine andere Frage. Und meine Frage war auch anders gemeint. Es geht mir heute um die Entwicklung der Bevölkerung in Österreich.

Die Bevölkerungsentwicklung seit 1970

Die Grafik oben zeigt uns, dass Österreich Bevölkerung seit 1970 um fast genau 20% angestiegen ist. Was bereits hier gut zu erkennen ist: Das ist NICHT wegen einer Zunahme bei den jungen Menschen der Fall.

Menschen unter 25 Jahren

Fakt ist, dass es 1971 (hier fehlen detaillierte Zahlen von 1970) mehr als 22% an Menschen im Alter von 0-24 Jahren gab. Am geringsten ist der Rückgang bei den 20- bis 24-Jährigen, am größten bei den Kindern im Alter von 5 bis 9 Jahren.

Menschen von 25 bis 49 Jahren

Ganz ander sieht das bei den Menschen im Alter von 25 bis 49 aus: Hier gab es gesamt einen Anstieg um 27,28% – am höchsten war dieser bei den 35 bis 399-Jährigen. Warum das so ist, sehen wir hier:

In dieser Altersgruppe waren die Zahlen in den Siebziger und Achtzigerjahren recht niedrig, dann folgte ein Anstieg dank der „Babyboomer“, der Jahrgänge un den späten 60-er-Jahren. Seit Mitte der Neunziger sind die Zahlen hier relativ gleich geblieben, und da die „Babyboomer hier gerade heraus fallen, werden die Zahlen demnächst eher sinken.

Menschen von 50 bis 74 Jahren

Da wir oben bereits von den Babyboomern gehört haben, wissen wir auch, warum beim Gesamtanstieg von mehr als 51,5% bei den 50 bis 74 Jahre alten ÖsterreicherInnen die jüngsten Gruppen den bei weitem stärksten Anstieg zu verzeichnen haben.

Das ist hier gut zu sehen, wo die gelbe Kurve den Anstieg bereits hinter sich hat und dieser nun zur nächsten Altersgruppe weiter „rutscht“. Diese Altersgruppe (50-74 Jahre) wird also in den nächsten 15 Jahren weiter ansteigende Zahlen aufweisen.

Menschen ab 75 Jahren

Und wie sieht es bei den Menschen ab 75 aus?

Hier hat sich die Bevölkerung seit 1970 mehr als verdoppelt! Am extermsten ist der Zuwachs bei den Menschen ab 95 Jahren – da sind es heute um 1.171% mehr – das sind fast 13 Mal so viele wie vor 50 Jahren!

Und da hier bisher nur bei den 75-79 Jahre alten Menschen (dunkelrote Linie) eine „Welle“ mit den starken Jahrgängen der Jahre um 1940 zu verzeichnen war, wird dieser Trend zusammen mit der Tatsache, dass die ÖsterreicherInnen grundsätzlich immer älter werden, noch verstärken.

Ein Blick aufs Ganze

So sieht es aus, wenn die Jahre seit 1971 im Zehnjahres-Rhythmus darstellen. Die hellblaue Linie zeigt uns dabei das Jahr 1971 – viele sehr junge Menschen im Pflichtschulalter, einige Wellen im Erwachsenenalter und ein durchgehend absinkende Kurve ab dem Alter von 60 Jahren.

Ich habe einige „starke“ und „schwache“ Jahrgangsgruppen mit Zahlen hervorgehoben. So sind etwa die Jahrgänge um 1935 eher schwächer wie auch die um 1920 herum. Sie liegen daher immer unten und markieren meist sehr niedrige Punkte auf den Linien der Altersgruppen.
Gleichzeitig waren die oben schon erwähnten Babyboomer um 1965 und auch die Jahrgänge um 1995 eher stärker als die vor und nach ihnen liegenden Jahrgänge.

Und wenn wir dort genauer hinschauen, fällt noch etwas auf: Die Zahlen STEIGEN im Laufe der Zeit an. Da es nicht sein kann, dass in Österreich nach 5, 10 oder 20 Jahren noch menschen „entdeckt“ werden, die in diesen Jahren geboren wurden und nicht registriert wurden, kann es sich bei diesem Zuwächsen nur um ein plus durch Zuwanderung handeln. So haben wir zum Beispiel im Jahr 2021 etwas mehr als 100.000 Menschen MEHR in Österreich in der Altersgruppe 25-29 Jahre, als es im Jahr 2011 in der Gruppe der 15- bis 19-Jährigen waren. Das heißt, in den Jahrgängen 1992 bis 1995 sind zwischen 2011 und 2021 mindestens 100.000 Menschen zugewandert in Österreich. Das macht immerhin ein Sechstel aus in dieser Altersgruppe.

Die Zuwanderung

Anhand dieser Grafik können wir uns das noch genauer anschauen. Ganz oben sind die Jahrgänge 1952 bis 1966 erfasst. Das waren 1971 mehr als 1,74 Millionen Menschen. 2022 sind das nur mehr etwas über eine Million – hier sind sowohl Todesfälle als auch Abwanderung ein Grund für sinkenden Zahlen. Seit 1971 sank die Zahl um 40%, seit 1982 um 31%.
Darunter bei den Jahrgängen 1967 bis 1981 gab es nur wenig Veränderung seit 1982. Allerdings nahm die Zahl dazwischen um etwa 7% zu bis 1997 um danach um etwa 6% zu sinken. Schlussendlich haben wir hier etwa 10.000 Menschen mehr als vor 40 Jahren.
Jetzt kommen wir zu den Jahrgängen 1982 bis 1996 (das sind die Menschen, die heute 25 bis 40 Jahre alt sind). Hier sehen wir, dass die Zahl von 1982 bis 1987 leicht sank (Abwanderung?), danach jedoch um mehr als 377.000 angestiegen ist bis heute. Das bedeutet einen Zuwachs von mehr als einem Viertel durch Zuwanderung.
Noch extremer ist das bei den heute 10- bis 24-Jährigen: Die Gesamtzahl stieg seit 1997 (also in nur 25 Jahren) um 30,5%. Auch hier kann das nur durch Zuwanderung erfolgt sein.

Das Sterbegeschehen

Machen wir noch einen Blick auf das Sterbegeschehen in diesem Zusammenhang.

Insgesamt sind die Todesfälle in Österreich, wenn wir es pro 25-Jahres-Altersgruppe berechnen und dabei auch die Bevölkerungsentwicklung einbeziehen, um mehr als ein Drittel zurück gegangen.
Das wirkt sich sehr unterschiedlich aus bei den einzelnen Gruppen: So starben etwa bei den Menschen unter 25 Jahren um fast 85% WENIGER Menschen als noch 1971.

Auch bei den 25-49 Jahre alten Menschen gingen die Todesfälle um etwa zwei Drittel zurück.

Selbst bei den 50 bis 74 Jahre alten Menschen sanken die Todesfälle seit 1970 um über 60%, wenn wir alle Rückgänge der einzelnen Altersgruppen addieren.

Bei den Menschen ab 75 mache ich das ganze etwas ausführlicher. Zuerst auch hier ein Blick aufs „Ganze“:

Auch hier gingen die Sterbefälle um fast 31% zurück. Diese Gruppe ist die, in der sich der überwiegende Teil des Sterbegeschehens abspielt (nicht nur bei Covid, sondern allgemein!).
Daher hier noch ein Blick auf die Zahlen seit 2008 – wenn wir oben genau hinschauen, sehen wir, dass seit damals die Zahlen eher wieder steigen.

Bei den 75-79 Jahre alten Personen gab es kaum Veränderungen, es sterben jeweils um die 3% aus dieser Altersgruppe im Verlauf eines Jahres. Bei den 80-84 jahre alten Menschen sanken die Zahlen von etwa 6,5% auf fast 5% im Jahr 2019, danach stiegen sie wieder auf etwa 5,5% an. Ähnlich, nur mit höheren Werten, ist es bei den 85 bis 89 Jahre alten Personen: Von fast 12% Verstorbenen im Laufe eines Jahres sank der Wert auf knapp unter 11% im jahr 2019, um dann wieder zu steigen auf knapp über 11%.

Bei den Menschen im Alter von 90-94 Jahren verstarben 2008 ungefähr 22,6% im Laufe eines Jahres. Dieser Wert sank bis 2014 auf 19,6% und steigt seither wieder eher an – für 2022 weist eine Hochrechnung (Basis sind die Zahlen den letzten 10 Jahre) auf etwa 21,6% hin.
Anders ist es bei den Menschen ab 95 Jahren, wo 2016 mit 33% der niedrigste Wert erreicht war. Damals starb also eine von drei personen in diesem hohen Alter im Laufe eines Jahres. Dieser Wert liegt derzeit fast bei 39%, wobei hier fünf „milde“ Wochen zum Jahresende durchaus noch einen positiven Einfluss haben können. Aber selbst wenn NIEMAND mehr sterben würde in den Kalenderwoche 48 bis 52 liegt dieser Wert nach den derzeitigen Zahlen bereits bei 35%, das wäre knapp unter dem Vorjahreswert. Genau wissen werden wir dies erst im Laufe des Februars…

FAZIT

In Österreich sinken die Zahlen der EinwohnerInnen unter 25 Jahren seit 40 Jahren ab. Gleichzeitig steigt die Zahl der Menschen innerhalb der Jahrgänge in dieser Altersgruppe an im Laufe der Jahre – das liegt daran, dass hier geburtenschwache Jahrgänge durch Zuwanderung wachsen. Allerdings in einem Ausmaß, das immer noch zu gering ist, um an die Zahlen geburtenstärkerer früherer Jahrgänge anzuschließen. Und entgegen der Befürchtungen vom „Untergang unserer Kultur“ stammt ein Großteil der Zuwanderung aus Ländern der EU, allen voran Deutschland.
In den Altersgruppen über 25 Jahren steigen die Zahlen durchwegs an. Je älter die Gruppe, desto stärker ist der „Zuwachs“. Das liegt ab dem Alter von 50 kaum an Zuwanderung, sondern daran, dass wir ÖsterreicherInnen grundsätzlich älter werden und später sterben. Das zieht sich durch bis in die ältesten Bevölkerungsgruppen.

Ob das der einzige Grund ist, warum das Sterben immer mehr aus unserer Wahrnehmung verdrängt wird und wurde?