Sommerwellen historisch betrachtet

Worum geht’s?

Heute geht es um die Sommerwelle. Sie ist in aller Munde zur Zeit. Ich wollte mir den vergleich mit den ersten beiden Sommern seit Pandemiebeginn anschauen. Natürlich waren die Zahlen damals niedriger als heute – darum musste ich sie anpassen.

Zahlenbasis Land Vorarlberg

So sehen der Juni und der Juli aus, wenn wir die Daten des Dashboards von Vorarlberg heranziehen. Die Werte des letzten Jahres (blau) musste ich um das Zehnfache erhöhen, die des aus dem Jahr 2020 (grün) um das 100-Fache.

Was fällt auf?

  • Im Jahr 2020 war bis zum 22. Juli fast absolute Ruhe – danach gingen die Werte allerdings steil nach oben.
  • Im Jahr 2021 gab es ab dem 28. Juni einen Anstieg zu beobachten
  • Im Jahr 2022 kam die „Welle“ viel früher – der 7-Tages-Schnitt zeigt einen vollkommen gleichmäßigen Anstieg bis zuletzt. Das Absinken zuletzt kann durch einen traditionellen Dienstagswert übermorgen wieder ausgeglichen werden – es sieht jedoch so aus, als wäre die „Sommerwelle“ inzwischen vom neuen „Ferien-Effekt 2022“ abgeschwächt worden… 😉
  • Außerdem fällt 2022 auf, dass es IMMER in den letztn 5 Wochen EINEN EINZIGEN Tag gab, an dem die Zahlen EXTREM hoch waren und dann wieder ein Absinken folgt für fünf oder sechs Tage. Offensichtlich gibt es also irgendeinen grund, dass am Dienstag bzw. Mittwoch die gemeldeten Positiven deutlich mehr als sonst waren. Diesen Effekt gabe es weder 2020 noch 2021 so zu sehen!

Zahlenbasis AGES – Vorarlberg

Hier die gleichen Tage aus Sicht der von der AGES gemeldeten Zahlen für Vorarlberg – wie bei den Ländle-Zahlen von 2021 gibt es eine Erhöhung um das Zehnfache. Außerdem zeigt die gestrichelte Linie an, wie die Daten nach der „Korrektur“ in der AGES-Datei timeline erfasst sind, wo Meldeverzögerungen ausgeglichen werden.

Was fällt hier auf?

  • Bei den AGES-Zahlen gab es 2021 Anfang Juni stark höhere Zahlen als beim Land. Danach sanken sie stark ab, um bereits Mitte Juli wieder deutlich anzusteigen.
  • Die Werte für 2022 sind ebenfalls höher als die des Landes, wenn es um die Spitzentage geht. Fast 700 Fälle am 5. Juli sind deutlich mehr als die 600 vom Land am gleichen Tag.
  • Auch hier ist (mit abgeschlossenen Tageswerten bis zum 9. Juli) ein Absinken der „Welle“ am Schluss erkennbar. Außerdem war bei der AGES der 20. Juni höher als die Spitzentage eine Woche später. Und die Linie istnicht so linear wie die auf Basis der Landeszahlen.
  • Die „Korrekture“ in der timeline Datei sind marginal – das heißt entweder, dass es in Vorarlberg in diesem Zeitraum nur wenige Nachmeldungen gab, oder dass die AGES keine Infos zu Meldeverzögerungen hatte. Das wiederum finde ich seltsam, denn dass die Tages-Werte SO unterschiedlich sind, ist doch zumindest auffallend. So gab es demnach am 20. Juni 589 neue Positive und am 25. Juni nur 54 Neue – das kann nur mit Test-Strategien oder vorgeschriebenen testungen zu tun haben und niemals mit der wirklichen, natürlichen Ausbreitung einer „Sommerwelle“…

Zahlenbasis AGES – Österreich

Natürlich wollte ich auch wissen, wie es österreichweit aussieht bei den AGES-Zahlen:

Was fällt hier auf?

  • Auch hier gab es 2021 Anfang Juni noch eine „abflauende Welle“ zu sehen – vielleicht ist das mit ein grund, warum sie 2022 schon früher kam, weil es hier nicht im Mai noch eine andere „Welle“ gab?
  • Bei den Zahlen für 2021 ist klar zu sehen, dass die Ausreißer mit Werten weit unter oder ober dem Schnitt in der Datei „timeline“ stark verändert, meist auch abgeflacht dargestellt werden.
  • Für das Jahr 2022 zeigt sich wie bei Vorarlberg das „ein Tag sticht heraus pro Woche“-Phänomen. Selbstverständlich handelt es sich auch hier um einen Tag, der ein bis zwei Tage vor den Kommissions-Sitzungen und den Panik- oder Horror-Nachrichten oder -Schlagzeilen liegt.
  • Besonders interessant ist der 27. Juni. Nicht nur, weil er mit 14.351 Meldungen der Tag mit dem höchsten Einzelwert war, sondern auch, weil bei der Korrektur der Zahlen in der Datei timeline die Fälle nicht wie sonst (und wie es auch erklärbar ist) im Datum „zurückrutschen“ auf Tage, die VORHER waren, sondern in dem Fall die Fälle nach HINTEN rutschen auf Tage, die es zum Meldezeitpunkt noch gar nicht gab! Das ist also nicht „Pippi Langstrumpf“-Manier, sondern eher das „Orakel von Delphi“!
  • Bis auf diesen oben erwähnten 27. Juni gibt es (noch?) kaum Änderungen durch die Datenkorrektur in der Datei „timeline“ – ganz im Gegensatz zum Vorjahr…

FAZIT

Wenn es nur darum geht, dass die Werte, die die Anzahl der positiv getesteten Personen anzeigen, gestiegen sind, dann gab es solche „Sommerwellen“ sowohl 2020 als auch 2021 ebenfalls. Die Werte waren zwar deutlich niedriger – aber der Anstieg der Kurven war damals ähnlich stark, wenn wir nur darauf schauen, wie viel mehr Fälle es „plötzlich“ gab…

Was anders war, war erstens die öffentliche Wahrnehmung, zweitens die Art der Berichterstattung und drittens die Benennung der „Ursachen“ für den Anstieg. Nur eines hatten alle Wellen gemeinsam: Es gab IMMER jemanden oder etwas, das „schuld“ daran war!

Und so wie es momentan aussieht, scheint die „Welle“ bereits am Sinken zu sein – und dafür kann sich (derzeit?) noch niemand auf die Schulter klopfen – vielleicht liegt es doch in der Natur der Wellenbewegungen? Aber warten wir auf den kommenden Dienstag – da wird’s sicher wieder extrem hohe Zahlen geben und alle werden darüber berichten!