Zwei Jahre Pandemie: Vergleiche

Vorbemerkung

Seit nunmehr zwei Jahren haben wir sie: die Corona-Pandemie. Zeit, für Rückblicke, finde ich – hier in Form von Vergleichen mit der Vorjahresperiode. Vor einem Jahr hatten wir die ersten (wenigen) doppelt Geimpften in Österreich. Nach der zweiten Welle im Spätherbst waren wir (aber nicht überall, vor allem im Osten!) auf dem Weg in die „dritte Welle“. Was hat sich im Vergleich dazu im Winter 2021/22 geändert, was die Zahlen betrifft?

Die Datenquellen, die ich für diese Zahlen verwendet habe, sind Zahlen der Statistik AGES.

Die positiv Getesteten

Mancherorts wird von „Kranken“, Erkrankten“, „Infizierten“ oder „Ansteckenden“ gesprochen. Auf dem Dashboard der AGES heißen sie „aktiv Positive“. Ich nenne sie immer noch dem, was sie definitiv sind: positiv getestete Personen – oder auch „Abgesonderte“.

Hier sehen wir den Vergleich der beiden „Wintersaisonen“ 2020/21 (blau) und 2021/22 (orange). Es fällt sofort auf: Der laufende Zeitraum ist IMMER über dem des Vorjahres. Sind die Varianten diesen Winter vielleicht ansteckender? Oder liegt es daran, dass die Test-Zahlen durch die Decke geschossen sind und darum viel mehr Leute „entdeckt“ werden?
Fakt bleibt: Wir haben derzeit etwa 10,5 Mal so viele Abgesonderte in Österreich wie vor einem Jahr. Bei der Delta-Welle waren es etwa zwei Mal so viele wie im Vorjahr.

Wie haben sich nun die Zahlen in den einzelnen Altersgruppen verändert österreichweit?

Hier die Altersverteilung EINES TAGES bei den aktiv positiven Fälle (in dem Fall vom 1. März, das ist der aktuellste Datensatz) zeigt das Ganze so: Bei den Menschen von 15 bis 74 hat sich nirgends mehr als +/- 1% verändert. Auch bei den Kleinkindern sind es statt 2% nun 3% – was insofern mehr ins Gewicht fällt, weil der Anteil selbst kleiner ist. Bei den „Pflichtschulkindern & Kindergarten-Abschlussjahr“, also den 5-14-Jährigen stieg der Anteil um 4% an, gleichzeitig sank der Anteil bei den Menschen über 75 genau um diesen Prozentanteil ab. Nun haben wir in manchen Bundesländern eventuell dasselbe Problem wie in Vorarlberg, nämlich dass bei den Abgesonderten viele lange darauf warten, bis sie wieder als „genesen“ gelten. Daher schauen wir doch einmal auf die NEUEN Fälle:

Hier quasi dieselbe Grafik wie vorher mit den Abgesonderten, nur sind es jetzt die neuen Fälle der letzten 10 Tage (also gleich lange wie die offizielle der Absonderung): Da sieht es insofern anders aus, als dass nun bei den Menschen von 45-54 ein RÜCKGANG (nicht der absoluten Zahlen, sondern des Anteils der Gruppe an allen!) von 2% zu sehen ist. Dafür macht der Unterschied bei den Menschen über 75 nur mehr 1% aus. Bei den Kleinkindern hat sich gar nichts geändert zum Vorjahr und bei der „PflichtschülerInnen-Altersgruppe“ ist der Zuwachs wieder 4%.

Hier habe ich die VERÄNDERUNG der absoluten Zahlen der neuen positiven Fälle über den 10-Tages-Zeitraum von jetzt und vor einem Jahr verglichen. Klar zu erkennen: Dort, wo ALLE mehrmals in der Woche getestet werden, gibt es auch hier den stärksten Zuwachs. Fast 18 Mal so viele Kinder zwischen 5 und 14 Jahren sind derzeit in Absonderung, verglichen mit dem Vorjahr. Bei den Menschen ab 85 Jahren beträgt der Zuwachs etwa die Hälfte. Der Unterschied zwischen den Altersgruppen unter 75 ist mit Ausnahme der PflichtschülerInnen nicht so groß.

Exkurs 1: Wäre nun die Impfquote alleine die Erklärung dafür? Die Menschen über 84 Jahren sind 4 Mal mehr geimpft (Quelle: BM für Gesundheit) als die Gruppe der 0-15 Jahre alten Menschen (leider gibt es keine Daten für die unter 5 Jahre alten alleine, daher kann ich sie nicht herausrechnen). Das alleine kann es also nicht sein. Andererseits ist es mit SICHERHEIT so, dass unter den geimpften deutlich weniger getestet wird (Ausnahme sind – NOCH – die Schulen, wo auch Geimpfte getestet werden). Das bedingt auch, dass derzeit wohl der eine oder andere mit „gültigem Impfzertifikat“ nicht als offiziell Positiver in der Statistik steht, auch wenn er oder sie leichte Symptome hat…

Exkurs 2: Interessantes Detail am Rande – ist mir beim Schreiben selbst erst so klar geworden: Während bei den Schultests die POSITIVEN (also die „entdeckten“ PCR-Tests und auch alle mittels PCR überprüften und bestätigten Antigentests in die Statistik der „Fälle“ eingehen, bleiben die gemachten Tests außen vor bei den Zahlen! Das heiß, dass zwar die „Fallzahlen“ steigen, gleichzeitig jedoch die positiven Tests nur den Prozentanteil der positiven Tests hinaufsetzen.
Beispiel: Von den Schultests letzte Woche in Vorarlberg waren 632 positiv. Diese 632 Tests fließen nun in die Zahl der „neuen Positiven“ ein – das macht in V zB einen Anstieg der Siebentagesinzidenz um 126 aus. Auch die Zahl der Abgesonderten steigt natürlich um die 632 Fälle an. Die 105.851 gemachten Tests werden aber nicht bei den „offiziellen Tests“ miterfasst. Letzte Woche gab es in Vorarlberg abseits der Schulen 79.034 mit 8.270 positiven Ergebnissen. Das ist eine Positivenrate von 10,46%. Nun werden die 623 Tests aus den Schulen mit dazu gerechnet, was die Positivenrate auf 11,29% erhöht. Würden jedoch auch alle Schultests mitgezählt, dann wäre die Rate plötzlich bei nur mehr 4,81%. Kaum ein Unterschied, oder? 😉

Die Hospitalisierten

Sehen wir uns an, wie es bei den Hospitalisierten aussieht:

Auf den ersten Blick erkennbar: Bis Mitte Oktober war die Zahl der C19-PatientInnen in den Normalbetten der Spitäler HÖHER als im Vorjahr, während der Welle lag er darunter um jetzt zuletzt STARK anzusteigen – wir haben derzeit mehr als doppelt so viele Hospitalisierte mit einem positiven Test im Krankenhaus als vor einem Jahr.

Sehen wir uns das Ganze genauer an, dann sieht es schon anders aus: Das ist der ANTEIL der Hospitalisierten unter allen Positiven. Hier erkennen wir ganz klar den „Omikron-Knick“ in der Kurve. Mit Ende des Jahres sinkt dieser Anteil, der schon den gesamten Zeitraum UNTER dem des Vorjahres lag, stark ab. Derzeit sind nicht einmal 1% aller Positiven im Krankenhaus. Und da sind jetzt ganz viele Fälle dabei, die nicht WEGEN, sondern MIT dem Virus im Spital liegen.
Einfaches Beispiel dazu: Letztes Jahr um diese Zeit hatten wir in Vorarlberg 0,1% aller EW in Absonderung. Bei derzeit fast 4% Abgesonderten im Ländle ist die Wahrscheinlichkeit, dass PatientInnen bei der Aufnahme positiv getestet werden, wenn sie aus einem anderem Grund ins Krankenhaus kommen, etwa 40 Mal so hoch!

Die IntensivpatientInnen

Ein Blick auf die Intensivstationen zeigt folgendes Bild:

Auch hier gab es – in dem Fall sogar bis Mitte November höhere Zahlen als im Jahr davor. Zum Höhepunkt der Welle gab es dann kaum Unterschiede, außer dass der Höchstwert später erreicht wurde. Der Rückgang setzte interessanterweise FRÜHER ein. Seit Jahresbeginn wurde aus der Wellenbewegung eher eine Fläche – sprich die Zahl der PatientInnen auf den Intensivstationen ist fast immer gleich geblieben, wenn es um jene geht, die positiv auf C19 getestet sind/waren.

Sehen wir uns das Ganze auch hier genauer an, dann sieht es anders aus: Das ist der ANTEIL der IntensivpatientInnen unter allen Positiven. Hier erkennen wir den „Omikron-Knick“ in der Kurve noch viel deutlicher, weil die Welle im Herbst höher hinauf ging. Allerdings ist hier ebenso wie bei den Hospitalisierten eindeutig zu sehen, dass die Kurve im gesamten Zeitraum UNTER der des Vorjahres lag. Derzeit sind nicht einmal 0,07% oder 1 von 1.486 Personen aller Positiven auf der Intensivstation. Und da sind ebenfalls Fälle dabei, die nicht WEGEN, sondern MIT dem Virus im Spital liegen.

Hier noch eine interessante Grafik – sie zeigt uns, wie viele der Hospitalisierten C19-PatientInnen auf den Intensivstationen liegen. Hier war interessanterweise im gesamten Zeitraum von September bis Mitte Jänner die Situation im letzten Winter besser als im laufenden. Dann wendete sich das Blatt und derzeit sind keine 7,5% aller C19-Hospitalisierten mehr auf der Intensivstation. Letztes Jahr begann der Anteil im Gegensatz zu 2022 ab Ende Jänner zu steigen.

Die Todesfälle

So sieht das Ganze aus, wenn wir uns die Todesfälle anschauen:

Das ist die „übliche“ Art der Darstellung bei den Todesfällen – eine kumulative Kurve, die bei jedem Fall weiter ansteigt. Auch hier zu erkennen: Bis Anfang November gab es diesen Winter mehr Todesfälle als letzten. Danach sinkt der Anstieg weit unter den vom Vorjahr ab und ist zuletzt wieder am Ansteigen.

Hier ein anderer Blick auf diesen Zeitraum: Wir sehen die Aufteilung auf die verschiedenen Altersgruppen. Gesamt (steht oben bei der Legende) hatten wir letzten Winter bis zum 1. März 7.834 Todesfälle, diesen Winter waren es mit 3.661 nicht einmal halb so viele. Zugenommen haben die Todesfälle nur bei den 25 bis 54 Jahre alten Menschen – diese Verstorbenen machen zusammen keine 4,5% aller Todesfälle „an und mit C19“ aus. Am größten (fast zwei Drittel) war der Rückgang bei den Menschen ab 85 Jahren.

Mir hats die ansteigende Kurve so nicht gefallen, ich wollte mehr sehen – daher habe ich die Wochen erfasst und dargestellt: Plötzlich sehen wir, dass wir nicht nur am Anfang der Zeitperiode über dem Vorjahr lagen, sondern auch in den letzten zwei Wochen. Der Abfall nach der „Delta-Welle“ ging nämlich in einen Anstieg ab Mitte Jänner über!

Wenn wir uns nun hier die Altersgruppen genauer anschauen, dann sehen wir, dass in den letzten 10 Tagen Die Zahl der Verstorbenen unter 54 rückläufig zum Vorjahreszeitraum ist, bei den Menschen über 55 jedoch ansteigt. Nun gilt natürlich auch hier die Überlegung, die für alles gilt: Wie viele davon sind WEGEN Covid und wie viele MIT Covid verstorben? Das wissen wir aber leider seit Beginn der Pandemie nicht… Denn wie lautet die Definition des Gesundheitsministeriums dazu? „In diese Statistik können Personen, die direkt an den Folgen der Viruserkrankung selbst oder „mit dem Virus“ (an einer potentiell anderen Todesursache) verstorben sind, fallen.“

Zum Abschluss noch dieselbe Aufteilung anders dargestellt, damit wir die Aufteilung altersmäßig genauer sehen: Im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2021 ist der Anteil an den C19-Verstorbenen im Jahr 2022 bei den Menschen ab 85 um gut 3% gestiegen, bei den Menschen von 75-84 Jahren um etwa 2,5% gesunken, bei den 65-74-Jährigen praktisch gleich geblieben. Der Rückgang von etwa 1% bei den 45-54 Jahre alten Menschen entspricht in etwa dem Anstieg bei den 55-64-Jährigen. So wie letztes Jahr gab es keine C19-Todesfälle von Menschen unter 35 Jahren, bei den 35-44-Jährigen sank die Zahl von zwei auf einen Fall.
Zur besseren Einordnung noch: in zehn Tagen starben insgesamt österreichweit im Jahr 2021 im Schnitt fast 2.500 Menschen. Um diese Zeit waren es in etwa 2.400 in 10 Tagen.

FAZIT

Warum auch immer, ob es nur an Omikron liegt oder auch anderen Faktoren: Die Zahlen sind diesen Winter vor allem seit Beginn der Omikron-Welle DEUTLICH besser als vergangenen. Auch schon in der Delta-Welle waren sie – mit Ausnahme der Intensivbettenbelegung – klar besser.
Zuletzt zeigt sich jedoch bei den Todesfällen ein Trend, den es zu beobachten gilt – vor allem bei den ältesten MitbürgerInnen! Vor dem Hintergrund und in dem Wissen, dass es sowohl im letzten Winter als auch in diesem in der Altersgruppe der PflichtschülerInnen nur einen einzigen an oder mit C19 Verstorbenen gab, ist die Weiterführung der Tests an den Schulen zu hinterfragen. Auch diese Aussage der GECKO vom 18.2. unterstütz die Forderung, die Testerei sein zu lassen: „Demnach erscheint es zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehr unwahrscheinlich, dass eine transmissionsrelevante Immunität auf Dauer erzielbar ist und dass damit durch einen kollektiven Schutz es auch tatsächlich gelingen könnte, die Infektion zu eliminieren.“