Wie man Zahlen interpretieren KANN

Versuch einer Versachlichung aus der Sicht eines Zahlenfreaks

Heute so gefunden auf ORF.at (https://orf.at/#/stories/3231198/)

WICHTIG: Es geht mir NICHT um den ORF und ich bin mir sicher, dass diese Meldung (wahrscheinlich oft sogar wortwörtlich) in ganz vielen Medien auftauchen wird! Es geht mir generell um diese Art von Berichten.

Meine Quellen (für die von mir angeführten Fakten) sind die Daten der AGES und die Zahlen der Statistik Austria (Bevölkerungszahlen in Altersgruppen 2021).

Jede fünfte Neuinfektion betrifft Sechs- bis 14-Jährige
Jede fünfte in der vergangenen Woche nachgewiesene Coronavirus-Infektion hat ein Kind im Alter zwischen sechs und 14 Jahren betroffen. Das zeigt die aktuelle Auswertung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Demnach waren von den insgesamt 12.668 zwischen 27. September und 3. Oktober behördlich bestätigten Infektionen 2.530 – exakt 20 Prozent – dieser Altersgruppe zurechebar.”

Quelle: Artikel auf ORF.at

Tatsache ist:

  1. Die „bestätigten Infektionen“ sind nichts anderes als positiv getestete Personen. Laut der letzten verfügbaren Entscheidungsgrundlage der Ampelkommission in Österreich sind 34% (also fast genau ein Drittel) asymptomatische Personen – der Anteil der Asymptomatischen wird umso größer, je jünger die Altersgruppe ist.
  2. Durch Zahlen aus den „Impfdurchbruchsberichten“ der AGES wissen wir, dass im Schnitt seit 1. Februar 41,7% aller Fälle bei den 12-14-Jährigen asymptomatisch sind. Daher können wir davon ausgehen, dass MINDESTENS 42%, wahrscheinlich eher gegen 50% der Fälle im schulpflichtigen Alter asymptomatisch sind.
  3. GENAU diese Gruppe der sechs bis 15-Jährigen wurde in der besagten Zeit (also der KW 39) mindestens dreimal in der Schule getestet, davon war mindestens ein Test ein PCR-Test. Von den 2.530 „bestätigten Infektionen“ stammen ca. 740 aus den PCR-Testungen an den Schulen, wobei etwa 50% aus Wien stammen.
  4. Die Altersgruppe der 5 bis 14-Jährigen (die Zahlen der Statistik Austria führen diese Gruppe so und nicht mit sechs beginnend) entspricht 10% der österreichischen Bevölkerung. Daher ist „jede zehnte positive Testung“ unter der Annahme, dass es in allen Altersgruppen gleich viele Positive gibt schon durch diese Zahl erklärbar.
  5. Wer sich wie ich die Mühe macht, die Zahlen der AGES aufzubereiten, weiß, dass im besagten Zeitraum in der Gruppe der 5-14 Jahre alten Personen 2.919 positive Tests anfielen. Das würde bedeuten, dass 389 dieser aktiven Fälle 5 Jahre alt sind (also noch keine sechs Jahre alt, aber in dieser Gruppe). Das bedeutet, dass 13,3% aller Fälle in dieser Altersgruppe beim jüngsten von 10 Jahrgängen „entdeckt“ wurden – was deutlich über den zu erwartenden 10% liegt.
  6. Weiters wissen wir auch durch die Berichte der AGES, dass etwa 5% der in diesem Zeitraum aufgetretenen positiven symptomatischen Fälle bei den 12-17 Jahre alten Menschen Impfdurchbrüche waren.

„Die Schüler und Schülerinnen, Lehrlinge und Auszubildenden haben mittlerweile mit einer 7-Tage-Inzidenz von 331 Fällen je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner die 15- bis 24-Jährigen deutlich überflügelt, die während des Sommers die höchste Inzidenz aufwiesen.“

Quelle: Artikel auf ORF.at

Tatsache ist:

  1. Im Sommer war die wohl am meisten getestete Gruppe die der 15-24-Jährigen, da sich diese zum Besuch der Nachtgastro testen mussten. Jetzt hat sich dieser Wert verschoben, da ja in den Schulen am meisten getestet wird und diejenigen, die die Schule bereits verlassen haben, aber zB noch nicht mit einem Studium begonnen haben oder auch schon zu den Vollgeimpften gehören, nicht (mehr) getestet werden müssen.
    Daher ist es nur logisch, dass diese Gruppe höhere Inzidenzen hat als alle anderen. Würde etwa kommende Woche eine Test-Aktion gemacht, bei der plötzlich alle Menschen über 80 dreimal die Woche testen müssten, bin ich mir sicher, dass dort die Inzidenz SPRUNGHAFT ansteigen würde.
  2. Warum der ORF (der den Text wahrscheinlich nur kopiert und nicht verfasst hat) die Gruppe der 6- bis 14-Jährigen als „Schüler und Schülerinnen, Lehrlinge und Auszubildende“ bezeichnet, ist mir nicht ganz klar, denn in diesem Alter wird es in ganz Österreich noch so gut wie keine Lehrlinge oder Auszubildende geben, da dies erst nach neuen Jahren Pflichtschule möglich ist.
  3. Außerdem ergeben meine eigenen Berechnungen aufgrund der AGES-Daten (download bei https://covid19-dashboard.ages.at/dashboard.html) für diese Altersgruppe bei den Burschen eine Inzidenz von 305 und bei den Mädchen eine von 294. Das ist doch einiges weniger als die oben angegebenen 331 – und ob die die 5-Jährigen (siehe oben) durch das Herausrechnen so viel ausmachen würden, weiß ich nicht sicher.

„Aktuell liegen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei einer Inzidenz von 217,8. Mit 2.052 Fällen tragen die 15- bis 24-Jährigen mit 16,2 Prozent zum Infektionsgeschehen bei. Damit liegen sie in absoluten Zahlen inzwischen sogar eine Spur hinter den 25- bis 34-Jährigen, die in der abgelaufenen Woche mit 2.063 Fällen 16,3 Prozent der Infektionen ausmachten.“

Quelle: Artikel auf ORF.at

Tatsache ist:

  1. Die österreichweite Inzidenz der 15-24-Jährigen, um die es hier wohl geht, liegt am 3. Oktober bei 209 (♂) bzw. 206 (♀). Auch hier liegen die Zahlen also niedriger.
  2. Diese Gruppe macht in Österreich 11% der Einwohner aus und wird ebenfalls zumindest bei allen, die derzeit eine Schule besuchen, mindestens dreimal in der Woche gestetet, sogar wenn die Personen geimpft sind (Schuleingangs-Sicherheits-Phase). Dass dadurch mehr Fälle zu finden sind, erklärt sich von selbst, vor allem, wenn wir berücksichtigen, wie viele Fälle bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen asymptomatisch sind.

“Impfrate stagniert
Dass SARS-CoV-2 verstärkt Kinder betrifft, dürfte ursächlich damit zusammenhängen, dass in Österreich nach wie vor keine Schutzimpfungen gegen Covid-19 für unter Zwölfjährige verabreicht werden und zugleich die Impfrate in Österreich weiter stagniert. Derzeit sind knapp 61 Prozent der Bevölkerung vollimmunisiert.“

Quelle: Artikel auf ORF.at

Tatsache ist:

  1. Eine Inzidenz sagt REIN GAR NICHTS darüber aus, wie sehr eine Krankheit eine Bevölkerungsgruppe „betrifft“, wenn sie so wie bei uns aus Massentestungen von Asymptomatischen generiert wird.
  2. Wenigstens steht hier noch „dürfte“ zusammenhängen, denn ich sehe das anders, vor allem auch, weil es keine andere Bevölkerungsgruppe gibt, in der nicht nur so viel getestet wird, sondern zudem auch so viele Menschen geimpfte werden wie gerade bei dieser Gruppe (anteilsmäßig gesehen werden österreichweit nirgends mehr Menschen geimpft in den letzten Wochen wie bei den 12- bis 14-Jährigen).
  3. Wenn wir zum Beispiel darauf schauen, in welcher Altersgruppe der ANTEIL an den symptomatischen Fällen in Sachen Impfdurchbrüche am größten war, dann war das mit 60% bei den über 60-Jährigen der Fall, mit 28,5% bei den 18-59-Jährigen und mit 5% bei den 12- bis 17-Jährigen.
    Das zeigt mir auch wieder, dass der Großteil der Fälle, die hier als „Problem dargestellt werden, asymptomatisch verläuft, zu keiner „Erkrankung“ führt und schon gar nicht zu einem schweren Fall.

„Am vergangenen Sonntag haben sich 1.663 Personen impfen lassen. Das waren dem Impfdashboard des Gesundheitsministeriums zufolge gerade einmal 40 mehr als am 29. Dezember des Vorjahrs – zwei Tage, nachdem in Österreich überhaupt mit dem Impfen gegen die Pandemie begonnen wurde und Impfstoff noch Mangelware war.15,5 Prozent der in der Vorwoche Infizierten waren zwischen 35 und 44 Jahre alt, 12,8 Prozent zwischen 45 und 55.
Dass die Impfung wirkt, belegt einmal mehr ein Blick auf die ältere Generation, wo die Impfbereitschaft am größten ist. Nur 7,6 Prozent der Neuinfektionen traten bei den über 65-Jährigen auf. In der Gruppe der Hochbetagten – Personen, die älter als 85 Jahre sind – konnten österreichweit 153 Fälle nachgewiesen werden, was 1,2 Prozent entsprach.“

Quelle: Artikel auf ORF.at

Tatsache ist

  1. Dass (siehe oben) gerade bei der Gruppe der über 60 Jahre alten der größte Teil der symptomatischen Fälle Vollgeimpfte waren. Das ist natürlich logisch, da auch mehr als 80% der Menschen in dieser Gruppe bereits vollgeimpft sind.
  2. Die Altersgruppe der über 84-Jährigen in Österreich macht 3% der Gesamtbevölkerung aus – 1,2% der Fälle sind daher durchaus wenig, aber für mich, da ich weiß, dass Geimpfte wohl nur sehr selten getestet werden und dass schon bei den über 60-Jährigen mehr als 60% aller Symptomatischen Vollgeimpfte sind, viel mehr ein Grund zur Sorge, als dass 20% der „Fälle“ aus der Altersgruppe kommen, die so gut wie NIE auf der Intensivstation landet.

FAZIT:

Für mich persönlich (ja, das ist eine Meinung, das sind keine Fakten) sieht dieser Artikel eher wie eine Vorbereitung auf „endlich gibt es die Impfung auch für Kinder unter 12 Jahren“ aus, als ein objektiv recherchierter faktenbasierter Artikel.
Natürlich kann ich mich da täuschen und ich lasse mich auch gerne mit Fakten eines besseren belehren. Wenn also zB jemand zufällig die Zahlen von dieser Woche, aus der die Zahlen stammen, in der Schublade liegen hat oder auf seinem PC gespeichert – mich würde folgendes interessieren:
1. Wie viele Tests wurden in welcher Altersgruppe gemacht?
2. Wie war der Impfstatus der getesteten Personen?
3. Wie war der Impfstatus der positiven Personen, aufgeteilt auf alle Altersgruppen (nicht selektiv zusammengefasste bitte!)?
4. Wie war der Impfstatus der mit/wegen (gerne getrennt angeführt) C19 hospitalisierten Personen, aufgeteilt auf alle Altersgruppen (nicht selektiv zusammengefasste bitte!)?
5. Wie war der Impfstatus der C19-ICU-PatientInnen aufgeteilt auf alle Altersgruppen (nicht selektiv zusammengefasste bitte!)?
6. Wie war der Impfstatus der an/mit C19 verstorbenen Personen aufgeteilt auf alle Altersgruppen (nicht selektiv zusammengefasste bitte!)?

9 thoughts on “Wie man Zahlen interpretieren KANN

  1. würde man alle auf andere Krankheiten testen, würden uns diese Werte in Panik versetzen! Andauernd findet man bei Routineuntersuchungen asymptomatisch positive Patienten … oder besser Menschen. Bei anderen Erkrankungen macht man dann a) entweder gar nix oder b) man kann zB die Virusaktivität testen! Bei Corona hat man nen Wert, aber das wars sann auch schon wieder … nach 1,5a fischen wir immer noch in trüben trüben Gewässern … sehr schade eigentlich

    1. Liegt das jetzt an der hohen Politik, den Expertern- und Beraterstäben oder deiner Zunft, Stefano?

  2. Ich denke auch, dass das eine “Vorbereitung” ist, wenn es dann nun ENDLICH einen Impfstoff für diese Altersklasse gibt. Das kommt ja in letzter Zeit immer wieder niederschwellig durch. Merse fürs Ufschaffo und Brichto!

  3. Danke! Ich habe den Bericht heute in der Früh gelesen und war mir sicher, dass Du dies aufgreifen und erklären wirst. Ich könnte das nie so gut formulieren und mit Zahlen belegen! Danke, danke, danke!

  4. Als letztes Jahr Corona bei Kindern noch keine Rolle spielte machte der damalige Gesundheitsminister Angstschober die Aussage im ORF, dass er Kinder ab einem halben Jahr schon gegen Grippe impfen lassen würde. Damals lief es mir schon kalt über den Rücken. Und jetzt wird von der Politik und den Medien ein medizinischer Eingriff ohne Risiko-Nutzen-Abwägung bei den 5-12jährigen so dargestellt, als wäre das goldene Ninja-Pickerl ein Leistungsabzeichen. Ausgrenzung und Stigmatisierung von nicht geimpften Kindern sind außerdem laut Fassmann in Kauf zu nehmen. Über alle Medien brav genauso verbreitet. Wie lange geht der Alptraum noch weiter?

    1. Lieber Oliver, hab vergessen, mich bei Dir zu bedanken. Deine positiven Nachrichten sind jeden Tag ein Lichtblick! Danke, danke, danke!

  5. Die Propaganda ist einfach UNGLAUBLICH. Hört nicht auf und wird nicht weniger. Danke wie immer für deine Arbeit

  6. Ich teile deine Meinung. Mich macht es auch sehr traurig und wütend, dass man wieder eine neue schuldige Bevölkerungsgruppe kreiert.

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