Zuletzt gab es neue Zahlen, die vielerorts in den medien zu sehen war, wie etwa auch hier beim ORF in Vorarlberg, wo es hieß, dass es nirgends weniger Verkehrstote gab im ersten Halbjahr 2025 als in Vorarlberg. Ich wollte wie immer mehr zu den Zahlen wissen, habe dazu auch einiges gefunden, allerdings nicht zu den (vorläufigen) Zahlen des ersten Halbjahrs 2025, sondern mehr zu den Vorjahren.
2024
Das sind die Rohdaten der Verkehrsunfälle in Österreich aus dem Jahr 2024:

Jeder, der wie ich zahlenafin ist, wird sofort entdecken, dass mit Ausnahme von Wien die Anzahl der Unfälle dort größer ist, wo mehr Menschen leben. Ebenso ist klar: Je größer das Bundesland – und damit das Straßennetz, desto eher gibt es mehr Unfälle. Und auch das Verkehrsaufkommen spielt eine Rolle, so sind sicher Strecken wie die Brenner-Route stärker betroffen als etwa manche Teile des Burgenlands oder im nördlichen Niederösterreich.
Wir bleiben aber vorerst bei den Rohdaten ohne Relativierung:

Verletzte gab es etwas mehr als Unfälle – es bleibt jedoch bei der Verteilung ganz ähnlich wie bei den Unfallzahlen.

Bei den Todesfällen im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall gibt es doch Unterschiede: Zuerst fallen Vorarlberg und Wien auf mit deutlich niedrigeren Zahlen. Auch Tirol liegt nun fast gleichauf mit Salzburg und Kärnten und war bei den Unfällen und Verletzten deutlich höher.
Relativierungsversuche
Eine Möglichkeit, das Ganze zu ändern, ist, die Verkehrsunfallzahlen auf die Wohnbevölkerung zu beziehen. Wie viele Unfälle/Verletzte/Getötete gab es pro 100.000 EW?

Während bei den absoluten zahlen NÖ immer vorne lag, ist es bei auf die Bevölkerungsgröße berechnete Daten ganz anders: Nun sind Salzburg, Tirol und Vorarlberg sowie Kärnten vorne.

Auch bei den Verletzten pro 100.000 EW sieht es ähnlich aus, nur ist Kärnten jetzt Kärnten vor Vorarlberg und der Abstand zu OÖ und der Steiermark ist etwas geringer geworden.

Bi den bei Verkehrunfällen Getöteten sieht es anders aus: Kärnten ist – wenn wir das Ganze pro 100.000 EW berechnen – nun Spitzenreiter vor dem Burgenland und der Steiermark. auch NÖ, Salzburg und OÖ liegen ähnlich hoch. Etwas weniger sind es in Tirol und in Vorarlberg und Wien sind es DEUTLICH weniger.
Wir lassen das jetzt einmal so stehen und nehmen einen anderen Relativierungsversuch vor:

Wenn wir die Unfälle auf die Länge des Straßennetzes umlegen, sieht es natürlich wieder ganz anders aus: Wien (mit sehr vielen EW und trotzdem eher wenigen Straßenkilometern) schneidet hier eindeutig am schlechtesten ab, gefolgt von Vorarlberg. Am besten sieht es im Burgenland aus – in Wien passieren pro 100km Straßennetz fast genau 20 Mal so viele Unfälle!

Wenn wir die Verletzten pro 100 km Straßennetz anschauen, sieht es ähnlich aus, auch wenn es nun in Wien „nur mehr“ 19 Mal so viele Verletzte pro 100km sind wie im Burgenland.

Bei den Todesfällen reduziert sich das Verhältnis deutlich: „Nur mehr“ rund 4 Mal so viele Menschen sterben in Wien im Vergleich zum Schlusslicht Burgenland.
Doppelrelativierung
Ich habe versucht, diese beiden Relativierungen zu verknüpfen und dafür folgendes berechnet: Wie viele Meter an Straßennetz gibt es in jedem Bundesland pro Einwohner?

Wir sehen, dass es im Burgenland ca. 30 Meter Straßen gibt pro Einwohner, dann folgt lange nichts. In Kärnten, NÖ und der Steiermark sind es rund 20 Meter, in Salzburg, Tirol und OÖ rund 15 Meter. In Vorarlberg sind es mit rund 7 Meter pro Einwohner deutlich weniger und in Wien reicht es gerade einmal für ca. 1,4 Meter pro Einwohner.
Anders gesagt: Nirgends ist das Straßennetz auf die EW bezogen weniger dicht als in Wien, Vorarlberg belegt mit einigem Abstand Platz 2 und am meisten Straßenmeter pro EW gibt’s im Burgenland.
Wenn ich nun diese Werte bei den Unfallzahlen mit einbeziehe, dann sieht es so aus:

NÖ liegt wieder vorne vor der Steiermark und OÖ, dann folgt Tirol, Kärnten und Salzburg. an drittletzter Stelle liegt das Burgenland. Vorarlberg hat ungefähr halb so viel Unfallgeschehen wie das Burgenland und Wien etwas mehr als die Hälfte von Vorarlberg.

Weder Reihung noch Abstand ändern sich groß bei der Zahl der Verletzten.

Bei den Todesfällen überholt Kärnten wieder Tirol (Platz 3 und 4), sonst bleibt die Reihung gleich, allerdings sind die Abstände andere: Das Burgenland (Platz 7) hat etwa 9 Mal so viele Todesfälle wie Vorarlberg, Wien etwas mehr als die Hälfte des Ländle.
Die „richtige Lösung“?
Wenn es eine richtige Relativierung gibt, dann ist es in meinen Augen die, dass weder die Straßenkilometer noch die Bevölkerung als Bezugsgröße dienen, auch nicht die reine Anzahl an Unfällen, sondern die Dichte des Verkehrs. Leider habe ich keine aktuellen Daten zum Jahr 2024 dazu gefunden.
In den Daten aus dem Jahr 2020 (das wegen vieler Lockdwons sicher weniger Verkehrsaufkommen hatte als die Jahre davor und danach) werden zwei Sachen ersichtlich:
Erstens gibt es keine Bundesländer-Daten, die wirklich verglichen werden könne, wenn es um Landes- und Gemeindestraßen geht. Es gibt allerdings Daten der Autobahnen und Schnellstraßen.
Das führt zu zweitens: In Wien und rund um Wien gibt es eine Mess-Stelle für Verkehr (Donauinsel A23), an denen im Jahr 2020 täglich knapp über 160.000 Autos gezählt wurden. Anderenorts (Karawankentunnel A11) sind es nicht einmal 8.000. Es muss jedem einleuchten, dass 20 Mal mehr Verkehr auch zu mehr Unfällen führen muss.
Leider kann das nicht auf die Unfälle, Verletzten und Getöteten umgelegt werden, dazu bräuchte ich die Rohdaten, die zeigen, auf welchen Straßentypen die Unfälle im jeweiligen Bundesland passiert sind.
Verletzte und Tote pro Unfall
Was relativ leicht und ohne große Rechenkünste oder Datensuche machbar wäre – auch für die schreibende Zunft, die über so etwas berichtet – ist folgendes:

Wenn es um die Verletzten pro Unfall geht, dann ist OÖ das „gefährlichste“ Bundesland Österreichs, knapp vor dem Burgenland und Niederösterreich. Kärnten und die Steiermark sind gleichauf, gefolgt von Salzuburg und Wien. Am wenigsten Verletzte gibt es im Westen in Tirol und am allerwenigsten in Vorarlberg, wo es etwa 7% weniger Verletzte pro Unfall gibt als in OÖ.

Wenn es um Todesopfer bei Unfällen geht, steigen Vorarlberg und Wien gemeinsam am besten aus, dort gibt es etwa einen Todesfall pro 300 Unfälle. Das ist fast halb so viel wie in Tirol, das am drittbesten abschneidet. In Salzburg (Rang 4) gibt es schon fast bei jedem 100. Unfall ein Todesopfer und am schlimmsten ist es im Burgenland, wo bei jedem 58. Unfall im Jahr 2024 jemand verstarb.
Fazit
Auch bei den Verkehrsunfällen gilt: Nur die reinen Zahlen zu nennen ist nicht seriös. Es gilt, miteinzubeziehen wie dicht das Straßennetz ist, wie viele Menschen dort leben und vor allem auch, wie dicht der Verkehr dort ist.
selbst wenn wir das tun oder versuchen, stoßen wir an Limitierungen.
Was wir anhand der Daten von 2024 mit Sicherheit sagen können, ist, dass in dem Jahr bei Unfällen in Wien und Vorarlberg fast 5 Mal weniger oft Todesopfer zu beklagen gab. Ob das auch damit zu tun hat, dass Vorarlberg das einzige Bundesland ist, in dem außer auf Schnellstraßen und Autobahnen nirgends mehr als 80km/h erlaubt sind und auch in Wien aufgrund der städtischen Struktur wohl kaum lange Straßenabschnitte abseits der Autobahnen und Schnellstraßen mit hohen Geschwindigkeiten befahren werden dürfen, wäre eine Untersuchung wert. Das wird auch dadurch untermauert, dass in dem Bundesland, in dem es die meisten Straßenkilometer pro Einwohner gibt, die Unfälle am ehesten mit Todesopfern enden.