Alarmierendes für alle Fans des Dachstein-Gletschers gibt’s dieser Tage hier im ORF zu lesen:

Bereits in fünf Jahren soll der Hallstätter Gletscher verschwunden sein – er ist der größte Gletscher im Dachstein-Massiv und reichte 1987 von 2900 m bis etwa 2100 m herab laut Wikipedia. Im Jahr 1967 – also vor fast 60 Jahren – soll der Gletscher an der dicksten Stelle über 90 m dick gewesen sein (Quelle):

Was ich auch interessant fand im Artikel waren manche Aussagen darin, wie zum Beispiel, dass der Dachsteingletscher „nicht mehr gerettet werden“ könne. Ich persönlich halte es für verwegen, wenn Menschen glauben, dass sie durch welches Verhalten auch immer den Gletscherschwund der letzten Jahre so einfach aufhalten könnten.
Ebenfalls interssant fand ich diesen Absatz:

Das hat mich interessiert – und da es, wie im Artikel weiter unten vermerkt, erst seit 2006 ein Vermessungsprogramm für die oberösterreichischen Gletscher am Dachstein gibt, fiel mir ein, dass es ja Daten einer Mess-Station der geosphere austria gibt, die bis 1895 zurück reichen. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was der im Artikel zitierte Georg Bliem mit „früher“ meinte. Er ist Jahrgang 1958 und in Radstadt geboren, es könnten also Erinnerungen seinerseits sein ab den 60er- oder 70er-Jahren. Schauen wir uns doch an, was die höher als alle Dachstein-Gletscher liegende Mess-Station am Sonnblick in Salzburg an Daten liefert für den Juli:

Es gab zwischen 11 und 28 Tage mit Niederschlag am Sonnblick in allen Jahren seit 1895. Elf waren es 1929 und 28 in den Jahren 1955, 2000 und eben 2025. Der Zehn-Jahres-Schnitt lag immer zwischen 18 und 24 Tagen mit Niederschlägen.
Der Code „2“ bei der Niederschlagsart bezeichnet im Archiv „Schnee“ – und da es keinen Sinn machen würde, hier die einzelnen Tage mit Schnee aufzuzählen, da es einen Unterschied macht, wie viele Tage mit Niederschlag es gab, habe ich es in Prozent aller Tage mit Niederschlag dargestellt:

Zwischen knapp über 90% in den Jahren 1913 und 1922 und zweimal zwischen 80% und 90% (1919 und 1960) und zehn Jahren mit keinem einzigen Tag, an dem Niederschlag nur als Schnee fiel (1928 und 1967 sind die einzigen, die vor 1990 liegen), gibt es alles in den letzten 130 Jahren. Wie sieht es in Sachen Regen aus?

2006 fiel aller Niederschlag als Regen, 1911 waren es fast 90%, sonst gibt es nie mehr als 80%. Jahre ohne „Regen“ als Niederschlagsart gab es nur sechs an der Zahl – das letzte davon war 1922. Was beim Regen auffällt ist, dass der Zehn-Jahres-Schnitt immer zwischen 20 und 30 Prozent lag bis 1990, seither jedoch auf 50% gestiegen ist.

Das sind nun alle reinen „Regentage“ und „Schneetage“ zusammen. – wir sehen, dass da einiges fehlt auf 100% – das liegt daran: Es gibt noch andere Niederschlagsformen und -codes bei den Daten. „Hagel“ und „Graupel“ sind dabei extra angeführt und dann gibt es ganz viele Kombinationen aus allen 4 „Grundformen“ – im Gesamten sieht das dann so aus:

Zurück zur Ursprungsbehauptung im ORF-Artikel: Wenn es am Dachstein – wo sogar der Gipfel nicht höher liegt als die Mess-Station am Sonnblick und der Hauptteil des Gletschers einige 100 Meter tiefer – nicht deutlich kälter war als am Sonnblick, dann kann es nicht stimmen, wenn jemand behauptet, dass es „früher“ im Juli am Dachstein immer geschneit hat. Außer das „früher“ bezieht sich auf die Zeit um 1850, wo der Gletscher seine größte Ausdehnung seit mehreren Jahrtausenden hatte – und von damals haben wir auch am Sonnblick keine Daten zum Niederschlag mehr, die beginnen erst mit 1895.
Fazit
Österreichs Gletscher werden im gesamten kleiner und schmelzen jedes Jahr mehr ab. Ich selbst bin in Vorarlbergs Bergen aufgewachsen und weiß selbst, dass einige kleiner Gletscherfelder inwzischen verschwunden sind bei uns und andere stark zurückgegangen sind.

Eine Stelle (gelb) aus dem heute vergriffenen „Montafoner Heimatbuch“ von 1970 beschreibt, dass wohl ein Pfarrer vor rund 300 Jahren Gletscher beschreibt an Stellen, an denen bereits 1970 keine Schneefelder mehr lagen. Andererseits werden weiter oben Jahre mit großer Hitze und Trockenheit erwähnt. Andererseits werden darüber (orange) Jahre in noch fernerer Vergangenheit erwähnt, die außerordentlich heiß und oder trocken waren.
Fakt ist, dass sich das Klima ändert – in den letzten drei Jahrzehnten wurde es bei uns deutlich wärmer. Genauso ist es jedoch auch Fakt, dass anekdotische Erinnerungen nicht immer den Daten entsprechen, die aufgezeichnet wurden. „Regen am Dachstein“ gab es im Juli sicher auch „früher“ – wenn auch vielleicht weniger. Und verschwundene Gletscher gab es wohl – wenn man Chroniken glauben mag – schon vor 1970. Und es werden noch mehr werden in den nächsten Jahren. Ob der Hallstätter Gletscher schon in fünf Jahren „Geschichte“ sein wird, wissen wir im Jahr 2030!