Die Pandemie in den Spitälern – Todesursachen

Eine Zeitreihe

Ich habe ja schon einmal Vorarlbergs Situation in Sachen Spitäler beleuchtet vor einigen Wochen. Gestern bin ich auf Zahlen zu den Todesursachen in den Spitälern österreichweit gestoßen bei der Statistik Austria und habe mir diese näher angeschaut. (Die Daten stammen also alle ausnahmslos von der Statistik Austria.)

Die Ausgangs-Situation

Um die Daten zu vereinheitlichen und vor allem um es in Relation zur Gesamtbevölkerung zu setzen, sind alle Angaben in „pro 100.000 Einwohner“ gemacht. Damit ist auch berücksichtigt, dass seit Beginn der Daten (vor der Jahrtausendwende sind nur 1989, 1990 und 1995 angeführt) ca. 1,3 Millionen Menschen in Österreich dazu gekommen sind.
Was ich nicht extra angeführt habe, hier aber erwähnen möchte: Die Zahl der ausländischen Staatsbürger, die in den Spitälern behandelt wurden, ist 2020 um 33% zurück gegangen. Nachdem das aber nur etwa 1,6% aller stationären Aufenthalte betrifft und nicht erkennbar ist, wie viele davon verstorben sind, lasse ich es bei dieser Bemerkung. Dass es 2020 weniger wurden, hat sicher auch damit zu tun, dass es lange Zeit Reisebeschränkungen und Corona-Maßnahmen gab.

Grafik 1 – Die Situation in Sachen Aufenthalte und Todesfälle in den Spitälern gesamt

Im Jahr 1989 gab es etwa 21.500 stationäre Aufenthalte pro 100.000 EinwohnerInnen in den Akutkrankenanstalten in Österreich – davon waren 4,5% PatientInnen, die NICHT stationär aufgenommen wurden, sondern am Aufnahmetag wieder nach Hause kamen.

Der Höchststand in diesem Bereich wurde 2008 erreicht, als es ca. 31.500 pro 100.000 EW waren. Damals waren etwa 17% davon tagesklinische Aufenthalte – dieser Wert nahm also stark zu.

2019, im Jahr vor der Pandemie wurden fast 26.400 Aufenthalte pro 100.000 EW verzeichnet, davon waren 16,7% Tagesaufenthalte.

Dann kam die Pandemie – die Folge war, dass die Zahl der Aufenthalte um 4.539 (pro 100.000 EW) abnahm, das ist ein Rückgang von 17%! Davon waren ca. 15,5% PatientInnen, die am gleichen Tag wieder nach Hause kamen – es gab also auch hier einen Rückgang.

Darunter sehen wir die Todesfälle, die in den Spitälern passiert sind. Hier ging der Wert von 461 auf 489 pro 100.000 EW hinauf. Anders gesagt: Bei gleichzeitiger starker Abnahme der Aufenthalte stieg der Anteil der Todesfälle im Spital um 3,7% an.

Die Todesursachen

Nun wollen wir uns die Todesursachen in den Spitälern genauer ansehen. Dafür gibt es so genannte „Codes“, die verwendet werden, um gewisse Gruppen zusammenzufassen.

Grafik 2 – Todesursachen – Infektiöse und parasitäre Krankheiten

Gleich vorneweg kommt hier die Gruppe, in der auch die C19-Todesfälle erfasst sind: „Infektiöse und parasitäre Krankheiten“ (darunter befindet sich zB auch Tuberkulose, AIDS oder Hepatitis).

Wir sehen sofort: Es gab eine Zunahme um 650% von 2019 auf 2020 – das heißt, die Zahl hat um den Faktor 65 zugenommen! Blicken wir auf die Entwicklung der letzten Jahre, so ist zwar generell ein Anstieg zu erkennen, aber das sprengt natürlich jeden Rahmen.
Wie können jetzt aber gleich 52 Fälle pro 100.000 EW dazu kommen, wenn die allgemeine Sterblichkeit „nur“ um 17 Fälle angestiegen ist? WENN alle C19-Verstorbenen quasi Fälle gewesen wären, die sonst NICHT in den Spitälern verstorben wären, dann müsste die Zunahme hier ja ähnlich hoch sein wie bei den Gesamtzahlen, oder? Schauen wir uns daher die anderen Todesursachen im Einzelnen an!

Grafik 3 – Todesursachen – Bösartige Neubildungen

Gleich zu Beginn (die Todesursachen sind alphabetisch nach den Codes geordnet) kommt die Gruppe, die für die zweitmeisten Todesfälle in den Spitälern verantwortlich ist: Die Krebserkrankungen.

Wir sehen: Es gab eine Abnahme um 6 Fälle pro 100.000, das entspricht -4,25% von 2019 auf 2020 bei einer ansonsten sehr flach verlaufenden Kurve in den letzten Jahren. Das heißt, es gab – bei generell weniger Aufenthalten in den Spitälern einen Rückgang in dieser Gruppe. Interessant wäre es nun zu wissen, ob dieser Rückgang auch darum entstanden ist, weil Menschen, die als C19-Verstorbene eingetragen wurden, gefährdet waren, an dieser Todesursache zu versterben. Nicht, weil das einen einzigen Todesfall leichter machen würde, sondern nur der Daten wegen.

Grafik 4 – Todesursachen – Neubildungen, ausgenommen bösartige

Die nächste Todesursachen-Gruppe, betrifft Neubildungen, die NICHT bösartig waren.

Wir sehen: Hier gab es eine Zunahme um 0,2 Fälle pro 100.000, das entspricht +4,3% von 2019 auf 2020 bei einer in den letzten Jahren steigenden Kurve – die auch 2020 nicht wirklich „ausbricht“. Das heißt, es gab – bei deutlich weniger Aufenthalten in den Spitälern – keinen Rückgang in dieser Gruppe.

Grafik 5 – Todesursachen – Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe sowie best. Störungen mit Beteiligung des Immunsystems

Was sich hinter dieser Gruppe von Todesursachen alles verbirgt, wusste ich ehrlich gesagt selbst nicht – ein wenig Internet-Recherche brachte Begriffe wie Anämie oder Vaskulitis hervor.

Wir sehen: Es gab eine Abnahme um 0,5 Fälle pro 100.000, das entspricht -29,4% von 2019 auf 2020. Das fällt, wenn wir die Kurve der letzten Jahre anschauen, zwar schon aus dem Rahmen wegen der starken Veränderung, bewegt sich aber im Rahmen der Werte der Vorjahre.

Grafik 6 – Todesursachen – Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten

Diese Gruppe der Todesursachen finde ich auch darum interessant, weil darunter auch Diabetes fällt – und das wurde immer wieder als einer der höchsten Risikofaktoren im Zusammenhang mit C19 genannt.

Wir sehen jedoch: Es gab KEINE Veränderung von 2019 auf 2020. Ob das nun bei einer generellen Abnahme von 17% bei den Aufenthalten eine Auffälligkeit darstellt, kann ich nicht beurteilen.

Grafik 7 – Todesursachen – Psychische Krankheiten

Eine Gruppe von Todesursachen, die zuletzt stark zugenommen hat seit 2010 sind die Psychischen Krankheiten. Hierin enthalten sind Todesursachen wegen Demenz, Alkohol und Drogenabhängigkeit.

Wir sehen: Es gab eine Abnahme um 1 Fall pro 100.000, das entspricht -11,1% von 2019 auf 2020 bei einer ansonsten stark steigenden Kurve. Einen ähnlichen Rückgang gab es jedoch auch von 2013 auf 2014.

Grafik 8 – Todesursachen – Krankheiten des Nervensystems und der Sinnesorgane

Unter diese gruppe der Todesursachen fallen Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer.

Wir sehen: Es gab eine Abnahme um 2 Fälle pro 100.000, das entspricht -18,7% von 2019 auf 2020 bei einer ansonsten ansteigenden Kurve in den letzten Jahren (mit Ausnahme der Entwicklung von 2013 auf 2014). Das heißt, es gab – bei generell weniger Aufenthalten in den Spitälern – einen Rückgang der Todesfälle in dieser Gruppe. Interessant wäre gerade bei dieser gruppe, die vor allem auch Menschen in fortgeschrittenem Alter betrifft, natürlich nun, zu wissen, ob dieser Rückgang auch darum entstanden ist, weil Menschen, die als C19-Verstorbene eingetragen wurden, gefährdet waren, an dieser Todesursache zu versterben. Nicht, weil das einen einzigen Todesfall leichter machen würde, sondern nur der Daten wegen.

Grafik 10 – Todesursachen – Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems

Das ist die Gruppe von Todesursachen, an der bei uns in den Spitälern die meisten Menschen versterben. Etwa jeder zweite bis dritte Verstorbene hat einen Code aus dieser Gruppe als „Haupt-Todesursache“ im Totenbeschauschein stehen. Hierunter fallen alle unter anderem auch alle Herzinfarkte.

Wir sehen: Diese Kurve sinkt seit 1989 ab – seit 2004 aber nicht mehr so stark wie davor. Trotzdem ist eine Abnahme um 12 Fälle pro 100.000, das entspricht -7,4% von 2019 auf 2020 ein überdurchschnittlicher Rückgang. Das heißt, es gab – bei generell weniger Aufenthalten in den Spitälern – einen starken Rückgang der Todesfälle in dieser Gruppe. Interessant wäre es gerade bei dieser Gruppe nun zu wissen, ob dieser Rückgang auch darum entstanden ist, weil Menschen, die als C19-Verstorbene eingetragen wurden, gefährdet waren, an dieser Todesursache zu versterben. Nicht, weil das einen einzigen Todesfall leichter machen würde, sondern nur der Daten wegen und zur Erklärung des Unterschieds der Zahlen aus Grafik 1 und 2.

Grafik 11 – Todesursachen – Krankheiten der Atmungsorgane

In dieser Gruppe von Todesursachen sind viele Erkrankungen enthalten, die wir immer wieder im Zusammenhang mit Covid gehört haben: Lungenentzündung, Krankheiten der unteren Atemwege aber auch die Influenza ist hier eingetragen. Als Laie frage ich mich nun, warum die Grippe hier eingetragen wird, Covid 19 aber nicht. Damit will ich nicht sagen, dass ich die beiden für ähnlich halte, sondern es geht darum, dass auch bei der Grippe oft Menschen, die vorerkrankt sind, dann „an Grippe“ versterben.

Wir sehen: Diese Kurve stieg von 2014 bis 2018 stark an und sinkt seither wieder ab. Trotzdem ist die Abnahme um 6 Fälle pro 100.000, das entspricht -15,4% von 2019 auf 2020 ein stark überdurchschnittlicher Rückgang. Das heißt, es gab – bei generell weniger Aufenthalten in den Spitälern – einen starken Rückgang der Todesfälle in dieser Gruppe. Interessant wäre auch bei dieser Gruppe zu wissen, ob in den Totenbeschau-Scheinen auch Erkrankungen aus dieser Gruppe eingetragen waren bei Menschen, die als C19-Verstorbene eingetragen wurden. Wir wissen es aber nicht.

Grafik- 12 – Todesursachen – Krankheiten der Verdauungsorgane

Kaum eine andere Kurve läuft so parallel zu den Gesamt-Todesursachen wie die der Krankheiten der Verdauungsorgane. Seit 1989 nahm die Zahl der Verstorbenen hier stark ab. Unter diese Gruppe fallen Magengeschwüre oder auch Leberzirrhose.

Wir sehen: Es gab eine keine Auffälligkeiten und keine Veränderung der Fallzahlen.

Grafik-Gruppe 13 – Todesursachen – andere

Nun folgt eine Gruppe von Todesursachen, die einerseits darum zusammengefasst ist, weil die Fallzahlen hier sehr klein sind und/oder es kaum Auffälligkeiten gab zwischen 2019 und 2020. Es geht um Erkrankungen des Urogenitalsystems (dort steigen die Fallzahlen generell stark an die letzten 3 Jahre), der Haut- und Unterhaut, des Muskel- und Skelettsystems, um Komplikationen bei der Schwangerschaft oder rund um Schwangerschaften.

Grafik- 14 – Todesursachen: Symptome und schlecht bezeichnete Affektionen

Diese Gruppe habe ich als vorletzte alleine herausgenommen, weil sie einige Erkrankungen enthält, die ich hier nicht unter diesem „Oberbegriff“ vermute hätte: Herzrhythmusstörungen, Schlafapnoe, Splenomegalie, Suizidalität, Migräne, Cluster-Kopfschmerz, Frailty-Syndrom, Fieberkrampf, Blutvergiftung, Nephrotisches Syndrom, Nachtschweiß, Hyperhidrose, Untergewicht, Plötzlicher Kindstod. Die Kurve selbst zeigt keine wirklichen Auffälligkeiten.

Grafik- 15 – Todesursachen: Verletzungen und Vergiftungen

Diese Gruppe enthält Todesursachen wie jede Art von Unfällen, Suizide oder Morde – allerdings nur dann, wenn diese Fälle im Krankenhaus aufgenommen wurden. Trat der Tod schon vorher ein, werden sie hier wohl nicht erfasst.

Die Kurve zeigt insofern etwas Interessantes, weil es trotz eines Rückgangs der Aufnahmen um 17 % generell zu einem Anstieg der Todesfälle in diesem Bereich kam – auch die Tatsache, dass durch die Lockdowns viele Aktivitäten, die oft zu Unfällen führen, nur stark eingeschränkt möglich waren, ist zu berücksichtigen. Mir ist auch klar, dass ein Großteil der Unfälle im eigenen Haushalt passieren, was die Zunahme wieder erklären könnte.

Die Zunahme ist zurückzuführen auf einen Anstieg bei den Unfällen mit tödlicher Wirkung. Die Transportmittel-Unfälle und tödliche Unfälle durch Ertrinken oder Untergehen gingen zurück, bei den Stürzen kam es zu einer Zunahme. Am meisten angestiegen ist die Zahl nicht näher bezeichneter und nicht unter die oben genannten Kategorien fallenden Unfälle mit tödlichem Ausgang.