Des Bürgermeisters Freud und Leid

Heute habe ich mir einige Eckdaten der Gemeindefinanzen angeschaut. Derzeit gibt es ja immer wieder Meldungen, dass es da düster ausschaut und dass zB eine Anhebung der Grundsteuern gefordert wird. Ich kann hier natürlich nicht ins Detail gehen und ich habe leider auch keine österreichweiten Daten gefunden, anhand derer erkennbar wäre, wofür denn in den Gemeinden wie viel Geld ausgegeben wird. Daher kann ich zB nicht sagen, was es die Gemeinden mehr kostet, dass Energie so viel teurer wurde. Andere Daten machen daher mehr Sinn für mich bzw. haben sie mich mehr interessiert.

Die Ausgaben: Investitionen

Auf der Ausgabenseite habe ich mir die Investitionen im so genannten Finanzierungshaushalt (FHH) angeschaut. Wie viel Geld haben die Gemeinden in den letzten 5 Jahren im Schnitt ausgegeben?

Wenig verwunderlich hat Wien, wo ca. ein Fünftel aller Einwohner Österreichs lebt, das größte Investitionsvolumen. Über 576 Millionen Euro gab die Stadtgemeinde im Schnitt in den letzten 5 Jahren aus für Investitionen. Auf Platz 2 folgt Graz mit gut 77 Millionen Euro.
Der Laie würde vermuten, dass an dritter stelle die drittgrößte Stadt Österreichs, was die Einwohner betrifft, folgt – das wäre Linz. Falsch! Linz folgt erst an fünfter Stelle, am dritten Platz liegt Bregenz, das „nur“ die 14.-größte Gemeinde Österreich ist – mit knapp 35 Millionen Euro an Investitionen um Schnitt der letzten 5 Jahre.

Wenn wir die ersten drei Gemeinden weg lassen, werden die Werte der anderen Gemeinden besser sichtbar. Wer sich über die gelben Säulen wundert: Das ist Vorarlberg, das ich – aus verschiedenen Gründen – als Bundesland noch herausgehoben habe. Unter den 50 Gemeinden mit dem höchsten Investitionsvolumen Österreichs liegen – wie wir sehen können – 8 Gemeinden aus Vorarlberg. Bei 2095 erfassten Gemeinden in der Datenbank der Statistik Austria sind weniger als 5% aus Vorarlberg. Auch in Sachen Bevölkerung leben keine 5% in Vorarlberg. Daher ist diese Zahl durchaus beachtlich!

Hier noch die 50 Gemeinden, die am wenigsten für Investitionen ausgegeben haben in den Jahren 2020 bis 2024. Gerade einmal knapp über 16.000 Euro pro Jahr wurden in Bildein investiert, auch in Tschanigraben war es nicht viel mehr und am drittletzten Platz liegt Großmürbisch. Was die drei Gemeinden noch gemeinsam haben? Sie liegen alle im Bezirk Güssing im Burgenland. Vorarlberg ist unter den 50 Gemeinden mit dem geringsten Investitionsvolumen drei Mal vertreten – statistisch müssten es zwei Gemeinden sein bei etwa 4,5% der Gesamtbevölkerung.
Die Gemeinde mit den meisten Einwohnern unter diesen „sparsamen“ Gemeinden ist Bad Sauerbrunn (Burgnland) mit knapp über 2.300 Einwohnern. Auch Österreichs „kleinste“ Gemeinde in Sachen Einwohnern ist hier zu finden: Gramais (Tirol) hat gerade einmal 40 Einwohner gehabt im Jahr 2024.

Relative Zahlen

Schauen wir uns doch einmal an, wie viel Geld PRO KOPF augegeben wurde in den Gemeinden Österreichs:

Wir sehen zwei absolute Spitzenreiter, die sogar Nachbargemeinden sind: Lech und Warth in Vorarlberg haben im Schnitt in den letzten 5 Jahren zwischen 6.800 und fast 8.000 Euro ausgegeben pro Einwohner für Investitionen. Unter den Top 50 finden sich nun ELF Gemeinden aus dem „Ländle“ – und keine Landeshauptstadt mehr, dafür umso mehr Orte mit einem Schwerpunkt auf Tourismus. Es ist klar, dass besonders bei kleinen Gemeinden größere Ausgaben gleich hoch zu Buche schlagen bei Pro-Kopf-Zahlen – daher ist auch Gramais hier zu finden – auf Platz 13. Die Gemeinde mit den meisten Einwohnern unter diesen 50 Gemeinden ist Rohrbach/Berg (OÖ) mit knapp über 5.200 Einwohnern.

Wenn wir uns die letzten 5 Jahre bei den fünf Gemeinden mit den höchsten pro Kopf-Ausgaben genauer anschauen, sehen wir, dass Warth im Jahr 2020 fast 15.000 Euro pro Kopf (zuletzt 175 Einwohner) ausgegeben hat für Investitionen. Das ist der höchste Wert österreichweit in den letzten 5 Jahren. In den meisten Fällen ist es ein Jahr, das mit hohen Investitionen auffällt. Nur in Lech gibt es kein einziges Jahr, in dem nicht zumindest 5.000 Euro pro Kopf investiert wurden seit 2020.

Wo wurde am wenigsten ausgegeben pro Einwohner? In Bildein und Bad Sauerbrunn im Burgenland und in Krems an der Donau – immerhin eine der 20 bevölkerungsreichsten Gemeinden Österreichs – wurde in Sachen Investitionen pro Kopf am meisten gespart. Nur eine einzige Gemeinde unter den sparsamsten 50 ist aus Vorarlberg: Silbertal liegt auf Platz 15 von unten.

Investitionen der großen und kleinen Gemeinden nach Einwohneranzahl

Hier noch eine Übersicht über die 50 größten Gemeinden Österreichs nach Einwohnern. Während etwa in Wien „nur“ knapp 300 Euro ausgegeben wurden pro Kopf für Investitionen im Schnitt der letzten 5 Jahre, waren es in Bregenz mit 1205,70 mehr als vier Mal so viel. Ebenfalls viel investiert wurde in Wals Siezenheim, dann folgt Amstetten. Krems an der Donau (siehe oben) war die sparsamste Gemeinde unter den 50 bevökerungsreichsten.

Unter den 50 Gemeinden mit den wenigsten Einwohnern liegt auch der Spitzenreiter in Sachen Investitionen pro Kopf aus den letzten 5 Jahren: Warth in Vorarlberg ist eine von 6 Vorarlberger Gemeinden unter diesen 50 Ortschaften. Die anderen beiden Gemeinden mit hohem Investitionsaufkommen pro Kopf liegen beide in Tirol: Forchach und Steinberg.

Die Schuldenberge

Welche Gemeinde hat wie hohe langfristige Schulden laut Statistik Austria?

So sieht die Grafik aus, wenn wir alle Top-50-Gemeinden nach langfristigen Schulden auflisten. Wien mit seinen mehr als 8,5 MILLIARDEN liegt weit vor Graz mit 1,6 Milliarden und Linz mit fast 732 Millionen.

Wenn wir die ersten drei im wahrsten Sinne des Wortes „außen vor“ lassen, sehen wir, dass Dornbirn – Österreichs zehntgrößte Stadt – an vierter Stelle kommt, wenn es um den Schuldenberg geht. etwas mehr als 183 Millionen Euro langfristige Schulden hat Vorarlbergs größte Stadt. Auch hier ist Vorarlberg mit sieben Gemeinden unter den Top 50 stark überrepräsentiert.

Das sind die letzten 5 Jahre für die zehn Gemeinden mit den höchsten Schulden im einzelnen: Wir erkennen, dass es bis auf drei Gemeinden überall weiter abwärts geht. Nur in Wiener Neustadt (-16%), Innsbruck (-5%) und Linz (-1%) schrumpfen die Schuldenberge. In Bregenz haben sich die Schulden sogar mehr als verdoppelt, In Wien kamen seit 2020 ganze 63% an neuen langfristigen Schulden dazu.

Am wenigsten verschuldet in ganz Österreich – wenn es um langfristige Schulden geht – sind Hinzenbach (OÖ), Weingraben (B) und Asten (OÖ). Unter den am wenigsten verschuldeten Gemeinden gibt es nur EINE aus Vorarlberg. Wiens Schuldenberg ist übrigens um mehr als 19 Millionen Mal größer als der von Hinzenbach.

Große und kleine Gemeinden

Wenn wir die Gemeidneschulden pro Kopf berechnen, sieht das ganze etwas anders aus:

Wien liegt zwar immer noch unter den Top 3 der 50 größten Gemeinden mit 4.423,56 Euro langfristiger Schulden, allerdings hinter Graz mit 5.504,69 Euro pro Einwohner. An dritter Stelle der 50 bevölkerunsgreichsten Gemeinden Österreichs folgt Stockerau mit knapp unter 3.600 uro pro Kopf-Verschuldung, wenn es um langfristige Schulden geht.

Ganz anders sieht es bei den kleinsten Gemeinden aus: Kaisers im Tiroler Lechtal hat langfristige Schulden, die für jeden der gut 70 Einwohner mehr als 28.500 Euro ausmachen. Auch in Granais, das wir schon von oben kennen, sind es mehr als 25.000 Euro pro Kopf an langfristigen Schulden. Auf Platz 3 liegt Warths Nachbargemeinde in Vorarlberg: Schröcken hat immerhin noch 14.215,12 Euro Schulden pro Einwohner.
Dagegen machen sich die 20,31 Euro pro Kopf-Verschuldung in Zöblen – ebenfalls im Tiroler Lechtal – so gering aus, dass wahrscheinlich alle Einwohner mit etwas Verzicht in einer Woche diesen Betrag begleichen könnten für die Gemeinde.

Pro Kopf: Top 50 und Bottom 50

Die zwei Gemeinden, deren langfristige Schulden auf die Einwohnerzahl umgerechnet den höchsten Betrag ausmachen kennen wir schon: Kaisers und Gramais. An dritter Stelle folgt Lech am Arlberg. Satte 23.769,13 Euro pro Kopf machen diese Verbindlichkeiten aus. Auffallend ist, dass hier 13 Gemeinden aus Vorarlberg zu finden sind unter denen, die am meisten langfrstige Schulden pro Einwohner aufweisen. Unter den ersten zehn sind es sogar sechs aus dem Ländle!
Die bevölkerungsreichste dieser 50 Gemeinden ist Melk an der Donau, wo die Langfrist-Verschuldung mehr als 6.200 Euro beträgt.

Unter den 50 Gemeinden mit der gringsten Pro-Kopf-Langfrist-Verschuldung befindet sich nur eine aus Vorarlberg. In Asten liegt die pro Kopf-Verschuldung laut Statistik Austria nur 0,2 Euro pro Kopf. Allerdings gibt es dort nur Zahlen von 2020 – auch in Hinzenbach (2020 und 2021) und Weingraben (nur 2020) fehlen die letzten Jahre. Paternion hingegen hat Daten für alle 5 Jahre aufzuweisen. 1,41 Euro pro Kopf aus Langzeitschulden sind eine durchaus verkraftbare Verschuldung für die Kärntner Gemeinde, die 2024 immerhin 5.786 Einwohner hatte laut den Daten. Auch die Gemeinde Weng im Innkreis in Oberösterreich mit fast 1450 Einwohnern liegt in Sachen Prokopfverschuldung durch Langfristschulden unter 2 Euro pro Kopf und hat Daten für alle 5 Jahre geliefert.

Schuldenentwicklung

Wenn es um die langfristigen Schulden geht, sind auch Zahlen interessant, wenn es darum geht, wie sich diese entwickeln:

In Weinpassing um Schwarzatale in Niederösterreich haben sich die Schulden seit 2020 auf das 480-fache erhöht. Auch in Kolsass (55-fach) und Loipersdorf-Kitzladen (46-fach) sind die Schulden enorm gestiegen.

Acht Gemeinden von 50 zeigen auch hier wieder eine Überrepräsentation des „suberen Ländles“. Auf Platz 17 dieses Rankings liegt mit Seiersberg-Pirka (St) die mit über 12.000 Einwohnern größte dieser Gemeinden.

Wenn wir die einzelnen Jahre der Top 10 genauer betrachten, sehen wir, dass es oft einzelne Investitionen gewesen sein müssen, die den Schuldenberg bei den Langfrist-Verbindlichkeiten ansteigen haben lassen. Auffallend ist hier am ehesten Loipersdorf-Kitzladen, wo die Schulden von 2021 bis 2024 jedes Jahr weiter stark angestiegen sind.

Es gibt andererseits auch Gemeinden, die ihre Schulden fast zur Gänze tilgen konnten: In Micheldorf (OÖ) sank nicht nur die Anzahl der Einwohner, sondern auch die Schulden sind von über 70.000 auf nur mehr knapp 1.150 gesunken. Auch in Paternion (K) und Haringsee (NÖ) sind die langfristigen Schulden fast verschwunden. Interessant finde ich, dass auch hier nur eine Gemeinde aus Vorarlberg dabei ist und dass die Stadt Salzburg ebenfalls unter den 50 Gemeinden mit dem größten Rückgang der Langfrist-Verbindlichkeiten zu finden ist: Aus 54,1 Millionen wurden 11,3 Millionen! Damit sank hier die Prokopfverschuldung von 351 Euro pro Einwohner auf knapp 73 Euro. Mit Krems an der Donau ist sogar noch eine größere Stadt als Salzburg unter denen zu finden, deren Schuldstand sich deutlich verringert hat – auch wenn es hier immer noch über 600 Euro pro Person sind.

Fazit

Es geht nicht allen Gemeinden schlecht in Österreich – zumindest, wenn wir auf die langfristigen Verbindlichkeiten und die Investitionen schauen.

Was mich am meisten beeindruckt hat? Dass es in Wien mehr als 8 Milliarden Euro an langfristigen Schulden gibt – ich könnte glaube ich nicht gut schlafen als Finanz-Stadtrat oder Bürgermeister mit so einer Schuldenlast. Auch wenn sie – auf die Bevölkerung umgerechnet, weit weg von manch anderen Orten ist, wie zum Beispiel den Nobel-Skiort Lech.

Ob nun keine Langfrist-Schulden ein gutes Zeichen sind oder nur eines, das zeigt, dass die Gemeinde keine Ausgaben tätigt, die größere Investitionen und damit eine Verbesserung der Infrastruktur und der Lebensumstände mit sich bringt, lässt sich aus den Daten der Statistik Austria so nicht ablesen. Und ob eine Erhöhung der Grundsteuer viel an der Finanzgebarung der Kommunen ändert, kann ich auch nicht beurteilen.