#583 – Das kleine 1×1 der Inzidenzen

Welcher Wert hat Bestand?

Die Inzidenz,

die heilige Kuh der Prognosen und Schwellenwerte: Wie wird sie beeinflusst?

  1. Durch die Anzahl der Testungen. Beleg dafür sind zB alle „die Hauptbetroffenen der Pandemie sind die Schulkinder“-Meldungen. NATÜRLICH haben wir dort die höchsten Werte, wenn (Ausnahme seit Montag sind die Vorarlberg Kinder) dort alle drei Mal die Woche getestet werden.
    Wir sollten einmal einen Feldversuch starten, in ganz Österreich oder nur einem Bundesland: Es werden ab sofort vier Wochen lang nur die Vollgeimpften regelmäßig getestet. Oder die Blauäugigen. Oder die Männer. Oder die PolitikerInnen.
    Egal welche Gruppe wir aussuchen – es gäbe ZWANGSLÄUFIG nach zwei, drei Wochen die Erkenntnis: DIE sind die Hauptbetroffenen. Warum? Weil durch das gesamte und regelmäßige Testen einer Gruppe wohl alle – vor allem auch die asymptomatischen Fälle dort gefunden würden.
  2. Durch das Festlegen des Grenzwertes für PCR-Tests. Beleg dafür ist unsere Bundeshauptstadt, wo vor wenigen Wochen sogar großmundig verkündet wurde, dass nur darum in Wien mehr SchülerInnen bei den PCR-Tests gefunden werden, weil die Tests, die dort verwendet werden, sensibler eingestellt sind.
  3. Durch steigende oder sinkende Fallzahlen durch wirkliche Wellen oder ansteckende Varianten. DAS wäre aber nur dann der Fall, wenn nicht einzelne Gruppen oder alle mehr oder weniger oft getestet werden (siehe 1.) oder die Grenzwerte, die bestimmen, ob jemand in Absonderung muss, immer und überall gleich ausgewertet würden (siehe 2.).
    Will heißen: HÄTTE Österreich seit Beginn der Pandemie immer wieder eine gleich große, willkürlich ausgesuchte und doch repräsentative Gruppe untersucht (also ALLE Altersgruppen gleich vertreten, Menschen mit verschiedenem gesundheitlichen, wirtschaftlichen Status, unterschiedlichem Einkommen, Bildungsniveau etc.) UND dabei immer dieselben Parameter festgelegt, dann würden wir wohl anhand der Werte erkennen können, ob „mehr“ oder „weniger“ los ist.
  4. Ein weiteres Problem sind Meldeverzögerungen und die Berechnung der Inzidenz: Es geht dabei immer um die reinen Fallzahlen an positive Getesteten (und NICHT Infizierten oder Erkrankten!) der letzten 7 Tage. Beispiel Vorarlberg morgen: Morgen fallen die Zahlen vom letzten Sonntag aus der 7-Tages-Summe heraus – da es damals mit 22 neuen Fällen den absoluten Tiefstwert seit Anfang August gab, ist heute schon so gut wie sicher, dass die Inzidenz morgen steigen wird.
    Genauso kann zB durch eine Meldeverzögerung ein Tag, an dem es extrem viele Fälle gab, herausfallen und dadurch die Inzidenz (durchaus voraussagbar) stark fallen.
    So kann ich heute schon sagen, dass die Inzidenzen in den bezirken feldkirch und Dornbirn morgen eher steigenw erden als die im Bezirk Bludenz.

Vielleicht helfen uns andere Parameter?

  1. die Prozentwerte der positiven Tests?
    Klingt logisch, oder? Je mehr positive Tests es unter allen Tests gibt, desto bedrohlicher muss die Situation sein…
    Problem: Auch das gilt nur wieder dann, wenn die Variablen kontrolliert sind und gleichbleiben.
    Beispiel: Was passiert, wenn ich anstatt vielen Menschen aus gefährdeten Gruppen nur mehr Menschen teste, die ohne viel Kontakt und bei bester Gesundheit leben? Die Vermutung, dass die Prozent-Zahlen zurückgehen, ist klar.
    Oder was ist, wenn ich plötzlich anstatt aller Menschen nur mehr symptomatische teste? Die Prozent-Zahlen werden sicher steigen!
  2. die Hospitalisierungen?
    Ja, die müssten eigentlich ein Marker sein. WENN…
    Wenn sie eben korrekt und überall einheitlich erhoben und versachlicht werden. Solange es aber hier unterschiedliche Methoden der Erhebung gibt, solange nicht zwischen „wegen dem Virus aufgenommen“ und „bei der Aufnahme wegen etwas anderem positiv getestet“ unterschieden wird, wird es schwierig.
    Noch schwieriger wird es, wenn die Grenzwerte für „positiv“ oder „negativ“ unterschiedlich angesetzt sind (siehe „Inzidenzen“ oben).
  3. die Intensiv-Betten-Belegung?
    Ich verweise auf b) – die Problematik ist dieselbe. Es fehlt an eindeutigen Daten, niemand weiß, ob Menschen, die verlegt werden, nicht doppelt eingetragen werden, es gibt keine (oder nur auf bestimmte Zeiträume summierte) genauen Daten zu allem. Und es gibt ein Bundesland, das sich weigert, Werte zu liefern, die alle anderen zur Verfügung stellen.
    SO kann niemand Daten ernst nehmen – oder SOLLTE es niemand tun!
    Und wir haben noch ein Problem – siehe Beispiel Vorarlberg weiter unten: Bei uns ist nicht die absolute Zahl entscheidend, sondern der Prozentanteil an den verfügbaren Betten. Und da macht es nun einen großen Unterschied aus, ob diese Zahl konstant bleibt oder geändert wird. Je weniger Betten ich habe, desto höher ist der Anteil. Beispiel Schweiz: Etwa gleich viele Fälle (bei fast gleich vielen EW wie Österreich) macht dort einen fast dreimal so großen Prozentanteil aus bei den Betten. Warum? Weil es offensichtlich in der Schweiz VIEL weniger Intensivbetten gibt wie bei uns.
  4. die Todesfälle?
    Andere Baustelle, selbes Problem: Niemand weiß bestimmte Kern-Daten von allen Todesfällen, die überall gleich erhoben werden. Es wird NICHT unterschieden zwischen Menschen, die direkt an den Folgen einer C19-Infektion verstorben sind und Menschen, die zeitnah nach einem positiven Test verstorben sind. Nicht einmal das „zeitnah“ ist zweifelsfrei definiert in Österreich. Die krassesten Fälle, die mir selbst bekannt sind, sind Menschen, die an den Folgen eines Autounfalles verstarben und Menschen, die Suizid begangen haben und als C19-Todesfälle gezählt werden.

FAZIT: Zahlen können helfen, die Lage zu beurteilen, wenn sie gleichbleibend unter festgelegten Parametern erhoben werden und wenn sie transparent öffentlich gemacht werden. Leider passiert das nicht.
Und dann kommt es darauf an, wie ich die Zahlen präsentiere.

Dazu vier verschiedene Grafiken, die alle die Inzidenz für Vorarlberg zeigen – aber ganz unterschiedliche Zeiträume zeigen und daher andere „Botschaften“ vermitteln.

Warum ich trotzdem viel über Inzidenzen schreibe? Weil sie erstens überall verwendet werden in der Berichterstattung und sie in Österreich doch eine gewisse „Konstanz“ haben in Sachen Ermittlung der Zahlen und dadurch Vergleich untereinander und auch zur Vergangenheit (bedingt) zulassen.

Meine Standard-Erinnerung: BITTE bleiben wir alle respektvoll – keine parteipolitischen Aussagen, keine Diffamierungen, kein Lagerdenken, kein „aber die anderen machen das auch“, keine (Ab-)Wertungen und bitte auch keine Video-Links und Texte mit roten Rufzeichen bei mir – ich werde Kommentare zulassen, allerdings nur durch Freigabe meinerseits und für Leute, die ich schon freigegeben habe (spätere Rücknahme der Freigabe bei Respektlosigkeit nicht ausgeschlossen).

DANKE

Positive News des Tages

Good news 1: Heute gab es weder bei den AGES-Daten noch am Dashboard des Landes einen Todesfall an und mit C19.

Good news 2: Trotz „Keine-Genesenen-Samstag“ (wie immer seit Anfang September in Vorarlberg) sind es immer noch 32 Gemeinden ohne positiven Fall. Das ist genau EIN DRITTEL aller Gemeinden!

Good news 3: Nachdem ich mein gestriges Posting fertig hatte, habe ich neue Infos zu den Zahlen in den Spitälern entdeckt, die ich übersehen habe. Es gibt seit gestern nicht nur 16 Betten (ich habe hier sinnigerweise falsch gerechnet und von 12 Betten geschrieben… ☹ ) weniger, sondern auch einen Patienten mehr auf den Intensivstationen im Land. Drei Personen bedeuten bei 52 Betten 5,76% Belegung der Intensivbetten in Vorarlberg mit positiv auf C19 Getesteten. Immer noch deutlich unter den 10% – aber auch viel mehr als vorher (obwohl es nur eine Person mehr ist).

Good news 4: Die Frauen haben sich die niedrigste Inzidenz aller Altersgruppen in Vorarlberg zurückgeholt – es sind jetzt die Frauen von 75 bis 84 Jahre (14) vor ihren männlichen Altersgenossen (18). Inzidenzen über 100 gibt’s nur bei männlichen Personen von 5 bis 24 und weiblichen von 15 bis 24 Jahren.

Good news 5: Vorarlberg bleibt (nach AGES-Werte) in Sachen Inzidenz mit 72,3 (-0,2) klare Nummer eins in Österreich vor dem Burgenland (94/+0) und Tirol (121/+9). OÖ ist weiter Schlusslicht und hat einen Wert von 242 (+15).

Good news 6: Bei den 5- bis 14-Jährigen hat das Burgenland innerhalb von 4 Tagen den Wert um 68 reduzieren können (Problem der Daten – siehe Einleitung) und uns knapp überholt mit 121 (-4), wir bleiben mit 122,3 (+2,4) klar vor Tirol (189/+6) an zweiter Stelle.

Good news 7: SIEBEN Orte in Vorarlberg haben seit mindestens 50 Tagen keinen positiven Fall mehr beheimatet: Dünserberg (310), Warth (176), Damüls (120), Schröcken (115), Röns (88), St. Gerold (69) und Schnepfau (53). Als nächste Gemeinde kann in drei Tagen Lorüns dazu kommen.

Noch ein paar Zahlen:

+ 43,75% aller Gemeinden in Vorarlberg haben eine Inzidenz von Null.

+ 59,38% aller Orte in Vorarlberg haben eine Inzidenz unter 50.

+ Der Bezirk Bludenz hat eine Inzidenz von   94,41 (+ 7,74) – das entspricht   61 Fällen in den letzten sieben Tagen. Morgen fallen 9 Fälle aus den Zahlen heraus.

+ Der Bezirk Dornbirn hat eine Inzidenz von   64,95 (+ 2,20) – das entspricht   59 Fällen in den letzten 7 Tagen. Morgen fallen 2 Fälle aus den Zahlen heraus.

+ Der Bezirk Feldkirch hat eine Inzidenz von   68,38 (+ 1,82) – das entspricht   75 Fällen in den letzten 7 Tagen. Morgen fallen 3 Fälle aus den Zahlen heraus.

+ Der Bezirk Bregenz hat eine Inzidenz von   73,52 (+ 7,35) – das entspricht  100 Fällen in den letzten 7 Tagen. Morgen fallen 8 Fälle aus den Zahlen heraus.

+ Heute sind es 516 Menschen, die sich in Vorarlberg nach einem positiven C19-Test in Absonderung befinden. 139 (26,9%) davon sind theoretisch schon länger als 10 Tagen in Absonderung.
ACHTUNG: HEUTE IST WIEDER „KEINE GENESENEN AM SAMSTAG, DAFÜR GIBT ES AM SONNTAG DANN GANZ VIELE – AMEN!“-Tag! Dafür gibt’s morgen wieder „überraschend viele Genesene am Sonntag“! 😉

Die Fakten aus Vorarlberg:

– Testanzahl heute: 400 PCR-Tests bzw. 13.963 Tests (ohne Wohnzimmer- und Schultests).

– Neue aktiv Positive: 52, das sind im Vergleich zu gestern +9 und im Vergleich zum 7-Tages-Schnitt +10.

– Neue Genesene: 0, das ist eine Veränderung um -42 im Vergleich zu gestern und -47 im Vergleich zum Wochenschnitt.

– Abgesonderte gesamt:  516 laut Land, das sind +52 seit gestern. (AGES-Zahl von gestern: 489)

– Es liegen heute 16 (0) Personen in einem Normalbett und 3 (+/-0) Personen auf der Intensivstation.

–    0,13 % der – oder eine(r) von  775 – in Vorarlberg lebenden Menschen sind derzeit in Absonderung

Für die Tierfoto-Fans gibt es heute wieder ein Babygadsen-Bild – noch sind sie bei uns, die Kleinen – in wenigen Wochen heißt es Abschied nehmen!

8 thoughts on “#583 – Das kleine 1×1 der Inzidenzen

  1. So klar, so wahr…sollte selbstverständlich sein! Wird es wieder sein…dann halt…Danke Oliver!

  2. Noch dazu wenn in der Neuen die Intensiv- Betten einen Tag mit 51 gesamt Betten und am nächsten Tag wieder mit 68 gesamt Betten angegeben werden! Das Spiel mit der unterschiedlichen Bettenanzahl läuft schon seit März 2020! Kann mir nur keiner Erklären!

    1. Hallo Bianca!
      Es waren letzte Woche zuerst noch 68, weil im September erhöht wurde wegen „Welle 4“.
      Jetzt wurde das wieder zurück gefahren, weil es doch offensichtlich nicht nötig ist.
      Vr der Pandemie und „zwischendrin“, als keine „Wellen“ da waren, hatten wir immer zwischen 50 und 54 Betten.
      Sg
      Oliver

  3. Es sieht irgendwie nach Trendumkehr aus. Hoffentlich nur ein Intermezzo!

  4. Danke wie immer für deine Mühe. Ja wenn das kleine Wörtchen wenn nicht wär

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